Die Euro-Finanzminister haben die Bitte Griechenlands um Verlängerung des um Mitternacht auslaufenden Hilfsprogramms abgelehnt. Damit verliert das pleitebedrohte Land endgültig den Zugriff auf Hilfsmittel von insgesamt rund 18 Milliarden Euro.
Dies teilte Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem am Dienstagabend mit. Für eine erneute Verlängerung des Programms sei es zu spät, sagte Dijsselbloem. Die Euro-Gruppe hatte zuvor nur rund eine Stunde am Telefon zum Thema beraten.
Der finnische Finanzminister Alexander Stubb erklärte über den Kurznachrichtendienst Twitter, dass die Bitte des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras für neue Kredite des Euro-Rettungsfonds ESM dem normalen Verfahren folgen müsse. Der ESM vergibt Darlehen stets nur unter Auflagen.
Nach Angaben Dijsselbloems wird die griechische Regierung am Mittwoch einen neuen Vorschlag übermitteln, über den im Anschluss erneut telefonisch beraten werde. Die Bitte um ein neues Programm werde aber erst nach dem griechischen Referendum am 5. Juli geprüft. Ein neues, drittes Hilfsprogramm könnte schärfere Bedingungen haben als das bisherige, fügte er hinzu.
EU-Vertretern zufolge hat Griechenland bei der Telefonkonferenz der Euro-Gruppe Vorschläge gemacht, die näher an den Forderungen der Institutionen von EU-Kommission, EZB und IWF gelegen haben.
Tsipras schlägt drittes Hilfsprogramm vor
Athen und Brüssel hatten am Dienstag Last-Minute-Vorschläge auf den Tisch gelegt, um die gescheiterten Verhandlungen wiederzubeleben. Griechenland brachte kurz vor Torschluss ein neues drittes Hilfsprogramm ins Spiel.
Brüssel hatte Athen zuvor gedrängt, die Bedingungen der Geldgeber für das auslaufende zweite Hilfsprogramm doch noch in letzter Minute anzunehmen. An der aktuell höchst bedrohlichen Situation der griechischen Staatsfinanzen kann die Athener Bitte allerdings kurzfristig nichts mehr ändern.
Das neue Hilfsprogramm
In einem Statement aus dem Büro des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras hiess es, das neue Hilfsprogramm solle eine Laufzeit von zwei Jahren haben, alle finanziellen Bedürfnisse abdecken sowie ausserdem eine Restrukturierung der griechischen Schulden enthalten. «Griechenland bleibt am Verhandlungstisch», hiess es weiter.
Ein neues Hilfsprogramm unter dem Euro-Rettungsschirm ESM setzt – neben einem offiziellen Antrag Athens – neue Verhandlungen mit den Geldgebern voraus. Bisher gemachte Zusagen und Angebote wären erst einmal hinfällig. Tsipras‘ Regierung aus der Linkspartei Syriza und der rechtspopulistischen Partei der Unabhängigen Griechen (Anel) hat bislang nicht dem von den Geldgebern geforderten Spar- und Reformkurs zugestimmt.
Bisher Hilfszusagen über 240 Milliarden an Griechen
Mit dem Scheitern der Verhandlungen am Dienstagabend wird der bisherige Rettungsschirm in der Nacht eingeklappt, unter dem Griechenland seit dem Frühjahr 2010 vor der Pleite geschützt ist. Seither hat das Land Hilfszusagen von 240 Milliarden Euro erhalten.
Ohne Einigung auf ein neues Reformpaket dürfen aber die noch offenen Hilfen aus dem internationalen Hilfsprogramm nicht gezahlt werden. Die Geldgeber – der Internationale Währungsfonds (IWF), die Europäische Zentralbank (EZB) und die Euro-Partner – hatten zuletzt 15,5 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.
Die EU-Kommission hatte am Dienstag einen letzten Einigungsversuch gestartet, der zunächst wirkungslos verpuffte. Sie drängte Athen, das Angebot der Geldgeber für ein Sparpaket doch noch in letzter Minute anzunehmen.
Die griechische Regierung müsse für ein Ja beim Referendum am Sonntag werben, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde. Der Sprecher betonte zudem: «Die griechische Regierung muss die Vorschläge von Freitagnacht annehmen.» Ob über die Schulden neu verhandelt werden könnte, wollte er nicht kommentieren.