Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker, hat eindringlich vor einem Zerfall der gemeinsamen Währungszone gewarnt. „Wir sind an einem entscheidenden Punkt angekommen“, sagte Juncker der „Süddeutschen Zeitung“.
„Die Welt redet darüber, ob es die Euro-Zone in einigen Monaten noch gibt“, erklärte Juncker. Die Euro-Länder müssten jetzt „mit allen verfügbaren Mitteln“ ihre feste Entschlossenheit zeigen, die Finanzstabilität der Währungsgemeinschaft zu garantieren.
Die Finanzmärkte hätten die Reformanstrengungen in Spanien und Italien viel zu wenig honoriert. Darauf angesprochen, dass die Euro-Länder auf ihrem Juni-Gipfel beschlossen hätten, notfalls Staatsanleihen durch die Euro-Rettungsfonds aufkaufen zu lassen, und zwar über die Europäische Zentralbank (EZB) sagte Juncker: „Ich habe keine Zweifel, dass wir die Beschlüsse des Gipfels umsetzen.“
Die 17 Euro-Länder handelten zusammen mit der EZB, „ohne deren Unabhängigkeit anzutasten“. Die Notenbank geniesse mehr Glaubwürdigkeit als die Politik und werde alles tun, um den Euro zu retten, sagte Juncker. „Und welche Massnahmen wir ergreifen werden, entscheiden wir in den nächsten Tagen. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren“, sagte der Chef der Euro-Gruppe.
Für „europäischen Finanzminister“
Angesichts der Turbulenzen in der Euro-Zone spricht sich Juncker für die Einführung eines hauptamtlichen „europäischen Finanzministers“ aus: „Die Erfahrung zeigt, dass wir einen europäischen Finanzminister brauchen.“
Dieser müsse „eine prominente Persönlichkeit sein, die durchaus nationale Haushaltspläne stoppen kann“, fügte Juncker hinzu. Er räumte ein, dass das neue Amt „ein echtes Demokratieproblem“ aufwerfen würde.
Der europäische Finanzminister müsse eine „demokratische Legitimationsprozedur“ durchlaufen, um etwa von den Parlamenten in Paris und Berlin als Autorität anerkannt zu werden. Juncker will sein Amt spätestens Anfang 2013 abgeben. Er wurde vor knapp drei Wochen als Chef der Eurogruppe wiedergewählt.