Der Europarat hat sich entsetzt über die Zustände in griechischen Flüchtlingslagern geäussert. Praktisch alle Lager seien hoffnungslos überfüllt und die hygienischen Bedingungen verheerend, erklärte das Anti-Folter-Komitee des Rates in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht.
Sechs Experten des Komitees hatten im Januar vergangen Jahres zahlreiche Flüchtlingslager, Haftzellen auf Kommissariaten und dem Athener Flughafen sowie Gefängnisse inspiziert. Es war die fünfte Inspektion in Griechenland seit 2005.
Seit 2005 habe sich die Lage der Flüchtlinge und illegalen Einwanderer nicht verbessert, sondern sogar noch weiter verschlechtert, heisst es in dem Bericht. In zahlreichen Einrichtungen seien die Menschen „wie Käfig-Tiere“ untergebracht – viele von ihnen für mehrere Monate.
An einem Posten der Grenzpolizei in der Evros-Region nahe der türkischen Grenze etwa seien zum Zeitpunkt der Visite 146 Männer in einem 110 Quadratmeter grossen Bereich eingepfercht gewesen. Für alle Häftlinge habe es nur eine Dusche und eine Toilette gegeben.
An einem nahegelegenen Grenzposten fanden die Experten des Europarats rund hundert Flüchtlinge vor, die sich einen 35 Quadratmeter grossen, völlig verdreckten Raum teilen mussten. Die Einwanderer klagten den Angaben zufolge über Kälte, mangelnde Nahrung, schlechte Belüftung, verdreckte oder verstopfte Toiletten. Da den Flüchtlingen bei ihrer Festnahme die gesamte Habe weggenommen wurde, konnten sie ihre Kleider nicht wechseln.
Regierung verweist auf Geldnot
In einem anderen Lager trafen die Mitglieder des Anti-Folter-Komitees auf 110 Minderjährige, ein Drittel davon Kinder zwischen zwölf und 14 Jahren. Die meisten von ihnen waren dem Bericht zufolge ohne Begleitung Erwachsener.
Die drei Toiletten in diesem Lager waren demnach verstopft, der Boden der Schlafsäle überschwemmt, der Gestank „unerträglich“. Die meisten der so Inhaftierten hätten nie oder sehr selten Gelegenheit zu einem Hofgang. Die griechischen Behörden verteidigten diese Zustände mit dem Verweis auf fehlendes Aufsichtspersonal und Geldnot.
Vertreter des Anti-Folter-Komitees – Strafvollzugsexperten, Juristen und Ärzte – besuchen in regelmässigen Abständen Gefängnisse und andere Orte, an denen Menschen gegen ihren Willen festgehalten werden.
Das Gremium hat die Aufgabe, die Einhaltung des Anti-Folter-Abkommens durch die Europaratsländer zu überwachen. Die Berichte können erst veröffentlicht werden, wenn die betroffene Regierung dem zustimmt.