Europol spricht von 700 verschobenen Spielen

Der internationale Fussball wird von neuen Betrugsszenarien erschüttert. Europol hat am Montag die Zahl von rund 700 Spielen genannt, die manipuliert worden seien. Darunter auch solche in der Schweiz. Laut einem deutschen Ermittler sollen viele dieser Partien der Öffentlichkeit bereits bekannt sein.

Britain's Rob Wainwright, director of the European police agency Europol, elaborates on findings of a probe into match fixing during a press conference in The Hague, Netherlands, Monday Feb. 4, 2013. The European police agency is unveiling results of a ma (Bild: Keystone/Peter Dejong)

Der internationale Fussball wird von neuen Betrugsszenarien erschüttert. Europol hat am Montag die Zahl von rund 700 Spielen genannt, die manipuliert worden seien. Darunter auch solche in der Schweiz. Laut einem deutschen Ermittler sollen viele dieser Partien der Öffentlichkeit bereits bekannt sein.

Die europäische Polizeibehörde Europol sprach in Den Haag von einer gewaltigen Zahl manipulierter Fussballspiele, die sie aufgedeckt habe. Über 380 Partien seien verschoben worden. «Für uns steht fest, dass es sich um den grössten Fall aller Zeiten in diesem Bereich handelt», sagte Europol-Direktor Rob Wainwright, «das ist ein trauriger Tag für den Fussball.»

Der FC Basel und der Schiedsrichter

Zu den Spielen, die im Wettskandal 2009 aufgedeckt wurden, gehörten 22 Spiele der Challenge League und sechs Freundschaftsspiele, die in der Schweiz stattfanden. Ausserdem im Fokus: Schiedsrichter Oleg Oriekhov. Der Ukrainer hatte am 5. November 2009 die Europa-League-Partie FC Basel gegen ZSKA Sofia (3:1) geleitet. Dass er die Partie für 50‘000 Euro im Sinne der Wettmafia manipuliert hat, konnte ihm nicht nachgewiesen werden, die Uefa sperrte ihn wegen Kontakts zu einer kriminellen Organisation dennoch lebenslang, ein Urteil, das der CAS bestätigte. (cok)

Betroffen waren offenbar WM-Qualifikationsspiele, zwei Partien der Champions League (eine davon in den letzten drei bis vier Jahren in Grossbritannien) und Topspiele in mehreren europäischen Ligen. Bislang wurden rund 425 korrupte Schiedsrichter, Funktionäre, Spieler und Kriminelle aus 15 Ländern identifiziert. Die mutmasslichen Drahtzieher aus Singapur sollen rund acht Millionen Euro Gewinn erzielt und rund zwei Millionen Euro Schmiergelder bezahlt haben.

Spiele aus den Jahren 2008 bis 2011

Gemäss Europol sind auch die Schweizer Ligen von den Manipulationen betroffen, daneben wurden die deutschen und türkischen Meisterschaften namentlich erwähnt. Um welche Begegnungen es sich handelt, wurde nicht bekannt, um die Ermittlungen nicht zu gefährden. Die verdächtigten Partien fanden allesamt zwischen 2008 und 2011 statt.

Unklar ist, wie viele der am Montag erwähnten Spiele bereits im Zug von vorherigen Ermittlungen entdeckt worden waren. Friedhelm Althans, Chefermittler der Bochumer Staatsanwaltschaft, die in Deutschland die Wettmanipulationen untersucht, relativierte die immense Zahl: Viele Spiele seien Ermittlern und Presse bereits bekannt.

Was Althans in Den Haag auch festhielt: Alle für sehr viel Geld aufgebauten Frühwarnsysteme der Uefa und auch der Fifa seien «bisher ohne jeden messbaren Wert geblieben». Eine Einschätzung, die Insider teilen, wie «Spiegel online» zusammengetragen hat.

Europol ermittelt nicht nur in Europa. 300 weitere verdächtige Profispiele sind in Afrika, Asien und Südamerika entdeckt worden. Hier seien die Ermittlungen allerdings noch nicht weit fortgeschritten.

Was die europäische Polizeibehörde Europol in Den Haag präsentiert hat:

  • Dauer der Ermittlungen: Juli 2011 bis Januar 2013
  • Beteiligte an den Ermittlungen: Europol, Eurojust, Interpol, Ermittler aus Deutschland, Finnland, Ungarn, Österreich und Slowenien sowie acht weiteren Ländern
  • Verdächtige Personen: 425 (Club-)Funktionäre, Spieler und Kriminelle in mindestens 15 Ländern
  • Verdächtige Spiele: Mehr als 380 Partien in Europa, dazu rund 300 neue Fälle weltweit
  • Registrierte Wettgewinne: 8 Millionen Euro
  • Registrierte Bestechungsgelder: 2 Millionen Euro
  • Untersuchtes Material: 13 000 E-Mails, Papierdokumente, Telefonaufzeichnungen und Computerdaten

Das Millionenspiel der Wettmafia, die Rolle der Fussballverbände und ein Report über die Wettkartelle in Asien (Spiegel online)
Der Wettskandal 2009 in einer Dokumentation (Wikipedia)
Wie das Wettgeschäft in Asien läuft (Süddeutsche.de)

Nächster Artikel