Ex-Reyl-Bankier hat keine Liste von steuerbetrügerischen Politikern

Der Schlüsselzeuge in der Affäre Cahuzac, der Ex-Bankier Pierre Condamin-Gerbier, besitzt gemäss seinem Anwalt keine Liste von steuerbetrügerischen Politikern. Das frühere Kadermitglied der Genfer Bank Reyl & Cie. hatte in seiner Aussage vor dem französischen Senat das Gegenteil behauptet.

Hauptsitz der Bank Reyl & Cie. in Genf (Archiv) (Bild: sda)

Der Schlüsselzeuge in der Affäre Cahuzac, der Ex-Bankier Pierre Condamin-Gerbier, besitzt gemäss seinem Anwalt keine Liste von steuerbetrügerischen Politikern. Das frühere Kadermitglied der Genfer Bank Reyl & Cie. hatte in seiner Aussage vor dem französischen Senat das Gegenteil behauptet.

«Diese Liste hat nie existiert. (Condamin-Gerbier) hat dieses Argument benutzt, um jene zum Schweigen zu bringen, die ihn damals bedroht haben», sagte dessen Anwalt Edmond de Braun in einem Interview mit der Westschweizer Wirtschaftszeitung «L’Agéfi» vom Freitag.

Sein derzeit in Untersuchungshaft sitzender Mandant «anerkenne inzwischen, dass dieses Druckmittel sehr ungeschickt» gewesen sei.

Im Juni hatte Condamin-Gerbier vor einer Kommission des französischen Senats behauptet, er sei in Besitz einer Liste mit französischen Steuerbetrügern. Diese enthalte auch die Namen von 15 französischen Ministern und Ex-Ministern. Die angebliche Liste wurde am 2. Juli der französischen Justiz übergeben.

«Ungenaue» Worte

Bereits kurz darauf kamen Zweifel an deren Wahrheitsgehalt auf. Die Bank Reyl dementierte heftig, jemals Geschäftsbeziehungen zu aktiven oder früheren Politikern in Frankreich unterhalten haben.

«Ich bin überzeugt, dass er nicht gelogen hat», sagte der Anwalt. «In einem solch wichtigen Verfahren können Worte sich als ungenau erweisen. Es kann etwas vergessen werden und Ungenauigkeiten geben.»

Gemäss de Braun begann alles mit einem Artikel in der französischen Zeitung «Le Monde», den sein Mandant als rufschädigend empfunden habe. Condamin-Gerbier habe das Bild in anderen Medien wieder gerade rücken wollen und habe sich in eine Sackgasse manövriert. «Das war das Schlimmste, was er tun konnte», urteilte sein Anwalt.

Nach Condamin-Gerbiers Aussage vor dem französischen Senat hatte die Bank Reyl ihn in der Schweiz angezeigt. Reyl wirft ihrem ehemaligen Kadermitglied «Diebstahl, Urkundenfälschung und Verletzung des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses» vor.

U-Haft bestätigt

Condamin-Gerbier sitzt seit Anfang Juli in Untersuchungshaft. Am 8. August wies das Bundesstrafgericht eine Beschwerde des Franzosen dagegen ab.Die Richter sahen einen «dringenden Tatverdacht» sowie Flucht- und Verdunkelungsgefahr als gegeben. Gegen Condamin-Gerbier hatte die Bundesanwaltschaft ein Verfahren wegen wirtschaftlichen Nachrichtendienstes, Verletzung des Berufsgeheimnisses und Urkundenfälschung eröffnet.

Condamin-Gerbiers Anwalt de Braun erklärte gegenüber «LAgéfi» weiter, er habe inzwischen verlangt, dass gegen Frankreichs ehemaligen Budgetminister Jérôme Cahuzac und die französischen Ermittler eine Untersuchung eröffnet werde, denn diese hätten «versucht, in der Schweiz Auskünfte zu erhalten.» Cahuzac hatte im vergangenen März nach Vorwürfen wegen mutmasslichen Steuerbetrugs von seinem Amt zurücktreten müssen.

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