Frankreichs Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy hat empört auf die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn im Zusammenhang mit mutmasslicher illegaler Wahlkampffinanzierung reagiert. Sarkozy soll der L’Oréal-Erbin Bettencourt hohe Geldbeträge entlockt haben.
Sarkozy halte das Vorgehen des Untersuchungsrichters für «skandalös», sagte sein Anwalt Thierry Herzog am Freitag dem Sender RTL. «Nicolas Sarkozy ist immer kämpferisch, aber gleichzeitig hat er die Behandlungsweise, der er ausgesetzt wurde, als skandalös angesehen», sagte Herzog.
Der Anwalt zog auch die Unparteilichkeit des ermittelnden Untersuchungsrichters Jean-Michel Gentil in Zweifel. «Wir werden sehen, was das Berufungsgericht in Bordeaux dazu sagt», sagte der Anwalt, der bereits Rechtsmittel gegen die Eröffnung des Ermittlungsverfahrens angekündigt hat.
Vertreter aus dem sozialistischen Regierungslager um Präsident François Hollande sprachen hingegen von einem vollkommen fairen Verfahren und warnten vor dem Versuch der Einflussnahme. Es sei nicht hinnehmbar, die Justiz derart infrage zu stellen, sagte Parteichef Harlem Désir in Anspielung auf die Kritik der Konservativen.
Sarkozy muss mit Prozess rechnen
Untersuchungsrichter Gentil hatte am Donnerstagabend nach einer Gegenüberstellung mit Zeugen in Bordeaux ein Ermittlungsverfahren gegen Sarkozy eröffnet; der Ex-Präsident muss nun mit einem Gerichtsprozess rechnen. Der Vorwurf der Justiz lautet auf «Ausnutzung der Schwäche» der heute 90-jährigen L’Oréal-Milliardärin Liliane Bettencourt, die laut ärztlichen Gutachten seit 2006 an Demenz litt.
Sarkozy soll ihr für seinen Präsidentschaftswahlkampf 2007 illegale Spenden aus der Tasche gezogen haben. Mehrere damalige Bedienstete der reichsten Frau Europas wollen Sarkozy während des Wahlkampfs mehrfach bei ihr gesehen haben. Sarkozy versichert, er sei damals nur einmal bei deren inzwischen verstorbenem Mann André gewesen.
Die Ermittler prüfen verdächtige Barabhebungen von Bettencourts Schweizer Konten in Höhe von vier Millionen Euro, die zu einem erheblichen Teil an Sarkozys konservative Partei UMP geflossen sein könnten. Bereits 2010 hatte Bettencourts frühere Buchhalterin Claire Thibout ausgesagt, sie habe Bettencourts Vertrautem Patrice de Maistre Umschläge voller Bargeld ausgehändigt in der Annahme, es sei für Sarkozys Wahlkampf-Schatzmeister Eric Woerth bestimmt.
Politische Motive vermutet
Das Ermittlungsverfahren ist für Sarkozy ein herber Dämpfer für mögliche Pläne für ein politisches Comeback. Er hatte erst kürzlich angedeutet, dass er bei der Präsidentschaftswahl 2017 erneut kandidieren könnte. Der Sarkozy-Vertraute Brice Hortefeux machte daher am Freitag deutlich, er vermute hinter dem Verfahren politische Motive.
Die seit fünf Jahren laufenden Ermittlungen zur Bettencourt-Affäre hatten bereits Sarkozys Präsidentschaft überschattet. Seit seiner Wahlniederlage gegen den Sozialisten François Hollande im vergangenen Jahr geniesst Sarkozy keine Immunität mehr.
Der in mehrere weitere Affären verwickelte Sarkozy ist nicht der erste französische Ex-Präsident, den die Justiz vor Gericht stellen will. Sein ebenfalls konservativer Amtsvorgänger Jacques Chirac war Ende 2011 wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder in seiner Zeit als Pariser Bürgermeister zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden.