Wo es extrem heiss oder toxisch ist, fühlen sich die einzelligen Archäen so richtig wohl. Nun hat man die «Extremisten» auch in Ackerböden entdeckt, wo sie Dünger für die Pflanzen aufbereiten. Grund genug, sie zu den Bodenorganismen des Monats zu küren.
Archäen leben in kochend heissen Vulkanquellen, sehr salzigen Gewässern oder sauren Rindermägen. Bis vor wenigen Jahren glaubte man, dass sie so etwas wie Ur-Bakterien sind, die ausschliesslich in lebensfeindlichen Nischen leben und dort Fettsäuren in Methan umwandeln. Sie galten als eher unwichtig für die Umwelt.
In den letzten Jahren hat man Archäen aber auch in hiesigen Gewässern und sogar Ackerböden entdeckt, wie das Bundesamt für Umwelt (BAFU) und das Nationale Forschungsprogramm «Nachhaltige Nutzung der Ressource Boden» (NFP 68) am Montag mitteilten. Zudem zeigte sich, dass sie stammesgeschichtlich von Bakterien so weit entfernt sind wie Menschen von Pflanzen.
Ammonium in Nitrat umwandeln
Nur die wenigsten Archäen überleben und vermehren sich im Labor, was ihre Erforschung knifflig macht. Mit molekularbiologischen Methoden stiessen Forscher aber auf eine Fähigkeit, die man bislang nur bestimmten Bakterien zugetraut hatte: Eine Untergruppe kann in landwirtschaftlichen Böden die Stickstoffverbindung Ammonium in Nitrat umwandeln.
Diese Archäen kommen zudem in den Böden zwischen 5 und 200 Mal häufiger vor als die bekannten Stickstoff umwandelnden Bakterien. Diese Fähigkeiten macht sie für die Landwirtschaft interessant. Nitrat ist ein hochwertiger Nährstoff für Pflanzen, den Bauern in Form von Dünger in den Boden geben.
Bisher versuchte man, Bakterien so zu stimulieren, dass sie mehr Ammonium in Nitrat umwandeln. Die Archäen wären dabei aber noch potenter. Wenn es gelänge, sie zu zusätzlicher Leistung anzuregen, müsste weniger Dünger eingesetzt werden.
Starkes Treibhausgas
Allerdings entsteht bei der Umwandlung von Ammonium zu Nitrat Lachgas (N2O), ein starkes Treibhausgas. Ein Team um Andreas Gattinger vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) untersucht derzeit im Rahmen des NFP 68, welche Rolle Archäen und Bakterien, aber auch die Bewirtschaftungsform des Bodens, beim Auf- und Abbau von Lachgas spielen.
Dieses Wissen sei wichtig, um Strategien zur Verminderung der landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen zu entwickeln, erklärte Gattinger in der Mitteilung. «Über die Rolle, die Mikroorganismen dabei spielen, ist bis heute wenig bekannt.»