Facebook Schweiz kann nicht dazu verpflichtet werden, die Daten eines anonymen Nutzers herauszugeben – auch wenn er auf Facebook Hetze verbreitet.
Die Waadtländer Staatsanwaltschaft kann Facebook Switzerland Sàrl nicht dazu verpflichten, die Daten eines mutmasslich in der Schweiz eröffneten Facebook-Kontos herauszugeben. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Noch unklar ist ein Fall im Zusammenhang mit Google.
Im April 2015 reichte ein belgischer Journalist in der Schweiz eine Strafanzeige gegen Unbekannt ein. Er machte geltend, dass jemand unter einem Pseudonym auf Facebook antisemitische Äusserungen gegen ihn gepostet habe.
Die Waadtländer Staatsanwaltschaft eröffnete in der Folge ein Strafverfahren wegen Verleumdung, übler Nachrede und Beschimpfung. Sie verfügte, dass Facebook Schweiz und die beiden Geschäftsführer der Gesellschaft Identität, Zugangsdaten und IP-Adresse des unbekannten Kontoinhabers herausgeben müssen.
Dagegen erhoben die Betroffenen Beschwerden, die vom Kantonsgericht des Kantons Waadt abgewiesen wurden. Das Bundesgericht hat ihnen nun Recht gegeben.
Kontrolle über Daten
Die Lausanner Richter halten in ihrem am Montag publizierten Urteil fest, dass die Herausgabe von Daten nur gegen jemanden verfügt werden könne, der tatsächlich Inhaber oder Besitzer der Daten sei. Auch eine faktische oder rechtliche Kontrolle reiche.
Facebook Schweiz ist gemäss den Richtern jedoch nicht die Inhaberin der von der Staatsanwaltschaft geforderten Informationen. Sie habe keinen direkten Zugang dazu. Die Staatsanwaltschaft müsse deshalb ein Rechtshilfegesuch an Irland stellen, weil Facebook Irland der Vertragspartner von Facebook-Nutzern ausserhalb der USA und Kanada sei.
Facebook Irland hatte die Waadtländer Staatsanwaltschaft bereits vorgängig darüber informiert, dass die Daten in Irland angefordert werden müssten. Die hiesige Gesellschaft kümmere sich lediglich um Marketing, Verkauf von Werbeflächen und Kommunikation. Sie hat nur drei Angestellte.
Nochmalige Prüfung
Noch nicht geklärt sind im Zusammenhang mit einem anderen Fall die Möglichkeiten und Kompetenzen von Google Switzerland GmbH bezüglich Herausgabe von Daten.
Wegen einer mutmasslichen Urheberrechtsverletzung verlangte die Staatsanwaltschaft des Kantons Waadt von der Gesellschaft und ihren beiden Geschäftsführern Angaben rund um eine Gmail-Adresse.
Die Betroffenen verneinten, Zugriff auf die gewünschten Daten zu haben. Nicht sie, sondern die Mutterfirma in den USA betreibe den Mail-Dienst. Das Bundesgericht kommt in seinem am Montag publizierten Entscheid zum Schluss, dass die Gesellschaft dafür keine Beweise geliefert habe.
Die Sache geht deshalb zur nochmaligen Beurteilung zurück an das Kantonsgericht des Kantons Waadt.
(Urteil 1B_185/2016, 1B_186/2016, 1C_188/2016 und 1B_142/2016 vom 16.11.2016)