Facebook Schweiz soll Daten an die Strafverfolgungsbehörden herausgeben müssen, ohne Umweg über Rechtshilfe. Das verlangen Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus allen Fraktionen. Der Bundesrat sieht ebenfalls ein Problem, setzt aber auf internationale Lösungen.
Auslöser für die Forderung aus dem Parlament ist ein Bundesgerichtsentscheid vom Dezember. Das Gericht entschied, dass die Staatsanwaltschaft des Kantons Waadt Facebook Schweiz nicht dazu verpflichten kann, die Daten eines mutmasslich in der Schweiz eröffneten Facebook-Kontos herauszugeben.
Ein belgischer Journalist hatte eine Strafanzeige gegen Unbekannt eingereicht. Er machte geltend, dass jemand unter einem Pseudonym auf Facebook antisemitische Äusserungen gegen ihn gepostet habe.
Daten in Irland
Die Waadtländer Staatsanwaltschaft eröffnete ein Strafverfahren wegen Verleumdung, übler Nachrede und Beschimpfung. Sie verfügte, dass Facebook Schweiz und die Geschäftsführer Identität, Zugangsdaten und IP-Adresse des Kontoinhabers herausgeben müssen. Die Betroffenen erhoben dagegen Beschwerde – und hatten vor Bundesgericht Erfolg.
Die Richter argumentierten, die Herausgabe von Daten könne nur gegen jemanden verfügt werden, der tatsächlich Inhaber oder Besitzer der Daten sei. Facebook Schweiz ist jedoch nur für Marketingfragen zuständig. Über die Daten der Schweizer User verfügt Irland. Damit müssten diese über ein Rechtshilfeverfahren angefordert werden.
Pflicht zu Zweigstelle
SP-Ständerat Christian Levrat (FR) und SP-Nationalrat Jean Christophe Schwaab (VD) verlangen nun mit gleichlautenden Vorstössen eine Gesetzesänderung.
Soziale Netzwerke, die sich mit ihren Dienstleistungen an Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten richten und dabei Personendaten bearbeiten, sollen in der Schweiz über eine Vertretung verfügen müssen. Diese soll in Strafverfahren Daten liefern, ohne dass die Behörden einen anderen Staat um Rechtshilfe ersuchen müssen.
Breite Unterstützung
Die heutige Situation sei unbefriedigend, halten sie fest. Soziale Netzwerke wie Facebook müssten zur Verantwortung gezogen werden können wie jede andere natürliche oder juristische Person auch. Parlamentarierinnen und Parlamentarier aller Fraktionen haben den Vorstoss mitunterzeichnet.
Der Bundesrat hält die aktuelle Situation ebenfalls für unbefriedigend, wie er in seiner am Donnerstag veröffentlichten Antwort auf die Motion schreibt. Er suche nach Lösungen, versichert er. Den mit der Motion vorgeschlagenen Weg lehnt er allerdings ab. Er beantragt den Räten deshalb, diese abzulehnen.
Der falsche Weg
Unternehmen könnten kaum dazu verpflichtet werden, eine Vertretung in der Schweiz zu etablieren, gibt der Bundesrat zu bedenken. Zudem könnte die Schweizer Vertretung Daten im Ausland speichern, so dass die Herausgabe trotzdem mittels Rechtshilfe eingefordert werden müsste.
Lösungen seien in erster Linie im Rahmen internationaler Kooperationen zu suchen, schreibt der Bundesrat. Entsprechende Bestrebungen seien im Gange. Das Cybercrime-Komitee des Europarates arbeite an Vorschlägen. Die Schweiz wirke zusammen mit anderen Vertragsstaaten mit Nachdruck darauf hin, im Rahmen der Cyber Crime Convention eine praxisgerechte Lösung zu erreichen.