Nach dem klaren Ja zur Asylreform versuchen die Parteien, mit Blick auf kommende Entscheide das Terrain zu besetzen. Die FDP hat am Montag Forderungen zu Aufnahmepraxis, vorläufiger Aufnahme und Integration präsentiert.
Der wichtigste Schritt sei die Umsetzung des Gesetzes, sagte Parteipräsidentin Petra Gössi (SZ) vor den Medien in Bern. Dabei dürfe die Schweiz nicht die Augen verschliessen vor dem hohen Migrationsdruck.
Konkret fordert die FDP, dass die hohe Schutzquote von Asylsuchenden aus manchen Herkunftsländern «hinterfragt» wird, wie Ständerat Philipp Müller (AG) sagte. Wer Anrecht auf Schutz habe, sei zwar im Gesetz und in der Flüchtlingskonvention festgelegt, räumte er ein. Dennoch gebe es Spielraum.
Bund in die Pflicht nehmen
Um den Bund zu einer restriktiveren Praxis zu bewegen, will die FDP ihn stärker finanziell in die Pflicht nehmen: Er soll künftig während den ersten zehn Jahren die vollen ungedeckten Kosten für vorläufig Aufgenommene und anerkannte Flüchtlinge übernehmen. Heute beteiligt sich der Bund während fünf bis sieben Jahren an den Kosten.
Das möge nach Provokation klingen, sagte Müller mit Verweis auf die Bundesfinanzen. Doch die Diskussion über das Verursacherprinzip müsse angestossen werden. Wenn der Bund in der Praxis schon grosszügig sei, sollte er auch dafür zahlen und die Kosten nicht auf die Kantone abwälzen.
Bundesrat kontert
Mit ähnlichen Argumenten fordert der Genfer SVP-Nationalrat Roger Golay, dass der Bund die gesamten Kosten übernimmt, die durch die Aufnahme von Flüchtlingen in der Schweiz verursacht werden. Falls nötig, soll dafür ein Teil des Geldes eingesetzt werden, das der Entwicklungshilfe zugeteilt ist.
Der Bundesrat verweist in seiner am Montag publizierten Antwort auf die verschiedenen bereits ergriffenen Massnahmen, welche die effiziente Behandlung von Asylverfahren gewährleisten. Zudem werde eine Zunahme von Asylgesuchen im Rahmen der finanziellen Abgeltungen stets berücksichtigt, und es würden dadurch keine zusätzlichen ungedeckten Kosten in den Kantonen verursacht.
Vorläufige Aufnahme überprüfen
Die FDP will den Hebel auch beim Status der vorläufigen Aufnahme ansetzen. Dieser müsse überprüft werden. Die Forderung ist nicht neu, ein Bericht des Bundesrates mit Vorschlägen wird in den nächsten Wochen erwartet.
Nach dem Willen der FDP sollten Kriegsvertriebene und Personen aus unsicheren Herkunftsregionen nicht mehr vorläufig aufgenommen werden, sondern vorübergehenden Schutz erhalten nach dem Status S, der während den Balkan-Kriegen eingeführt worden war.
Gleichzeitig möchte die FDP die Regeln zum Familiennachzug für Personen mit Status S verschärfen. Der Bundesrat hatte im Zusammenhang mit früheren Forderungen der FDP darauf hingewiesen, dass diese heute besser gestellt sind als vorläufig Aufgenommene, die ihre Angehörigen frühestens nach drei Jahren nachziehen können. Die Integration will die FDP mit Integrationsvereinbarungen fördern. Solche sollen konsequent abgeschlossen werden.
Mehr Rückübernahmeabkommen
Wie die SVP fordert die FDP ausserdem eine Verknüpfung von Entwicklungshilfe und Migrationspolitik. Vor wenigen Tagen erst hat sich der Nationalrat gegen eine strikte Verknüpfung gestellt. Die FDP hält trotzdem an der Forderung fest. Das Ziel seien Rückübernahmeabkommen, sagte Müller.
Damit abgewiesene Asylsuchende in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden könnten, brauche es mehr solche Abkommen. Justizministerin Simonetta Sommaruga hatte am Sonntag betont, auch der Bundesrat strebe den Abschluss weiterer Abkommen an.
Gegen systematische Grenzkontrollen
In anderen Punkten gehen die Meinungen der bürgerlichen Parteien auseinander. So hält die FDP nichts von systematischen Grenzkontrollen, wie die SVP sie immer wieder fordert. Solche Kontrollen seien nicht realistisch, sagte Müller.
Wenig hält die FDP auch von der Forderung, bereits vor dem Grenzübertritt in die Schweiz zu prüfen, ob eine Person in einem anderen Land registriert wurde. CVP-Präsident Gerhard Pfister (ZG) hatte sich am Sonntag dafür ausgesprochen, Dublin-Fälle an der Grenze zurückzuschicken.
Die FDP hält das aber für keine gute Idee. Man könne das Gerät zur Überprüfung der Fingerabdrücke schon an die Grenze stellen, sagte Müller. Doch das bringe nichts, denn viele Asylsuchende würden im Erstland Italien nicht registriert. Müller wies auch darauf hin, dass Asylsuchende ein Recht auf Prüfung ihres Gesuchs hätten.