FDP-Präsident erachtet Völkerrechtsinitiative als «brandgefährlich»

Die FDP will eine klarere Rangordnung zwischen einzelnen völkerrechtlichen Bestimmungen. Doch der von der SVP angekündigten Völkerrechtsinitiative erteilt FDP-Parteipräsident Philipp Müller eine klare Absage. Sie sei «brandgefährlich für unser Land».

«EMRK ist essentiell»: FDP-Parteipräsident Philipp Müller (Archiv) (Bild: sda)

Die FDP will eine klarere Rangordnung zwischen einzelnen völkerrechtlichen Bestimmungen. Doch der von der SVP angekündigten Völkerrechtsinitiative erteilt FDP-Parteipräsident Philipp Müller eine klare Absage. Sie sei «brandgefährlich für unser Land».

Die in dieser Woche angekündigte Volksinitiative mit dem Ziel, Schweizer Recht über fremdes Recht zu stellen, sei «Gift für unser exportorientiertes Land», sagte FDP-Nationalrat Müller in einem Interview mit der «Nordwestschweiz» und der «Südostschweiz» vom Freitag. Die Schweiz würde damit ein «höchst unzuverlässiger Vertragspartner auf internationaler Ebene», der sich das Recht nähme, «Verträge nach Lust und Laune nicht mehr einzuhalten».

Nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht sei das Völkerrecht «enorm wichtig für unser kleines Land. Ohne das Völkerrecht herrscht Faustrecht zwischen den Staaten», sagte Müller. Die Schweiz sei demnach viel stärker auf das Völkerrecht angewiesen als grosse und mächtige Länder.

Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), die zu kündigen für die SVP eine Option ist, sieht Müller als essentiell für die vielsprachige Schweiz. Denn sie schütze Minderheiten und den einzelnen Bürger vor staatlicher Willkür. «Es braucht eine Instanz, die unabhängig von Mehrheitsentscheiden und politischen Launen dafür sorgt, dass die Rechte jedes Individuums nicht angetastet werden.»

«Auf einer Stufe mit Weissrussland»

Müller räumte zwar ein, nicht immer glücklich zu sein mit den Entscheiden des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Es gäbe hier «gewisse Kompetenzüberschreitungen». Doch ein Austritt aus der EMRK würde die Schweiz auf dieselbe «Stufe wie Weissrussland» stellen. Das sei für ihn «absolut unvorstellbar», zumal das Image der Schweiz im Ausland darunter litte. «Die Schweiz würde international komplett isoliert.»

Im Auftrag des Parlaments hatte der Bundesrat im März letzten Jahres eine Reihe von Massnahmen vorgeschlagen, mit welchen das Problem von Konflikten zwischen Landesrecht und Völkerrecht entschärft werden sollte. Müller fordert «eine klare Rangordnung zwischen einzelnen völkerrechtlichen Bestimmungen».

Völkerrechtliche Verträge, die etwa dieselbe Bedeutung hätten wie eine Verfassungsbestimmung, sollten obligatorisch dem Volk vorgelegt werden. Das sei heute zwar bereits ungeschriebenes Recht. «Wir aber wollen diese Abstufung verbindlich festlegen.» Ein entsprechendes Postulat liegt beim Bundesrat zur Beantwortung.

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