Mit einem Feuerwerk über der Hauptstadt Riga ist in Lettland diese Nacht der Euro eingeführt worden. Doch über die Lichterpracht am Nachthimmel haben sich die Letten nicht wirklich gefreut. Sie begegnen ihrer neuen Währung mit grosser Skepsis.
Mit der Ankunft Lettlands in der Eurozone hat der nach seinem Rücktritt im November nur noch geschäftsführende Ministerpräsident Valdis Dombrovskis eines seiner grössten politischen Ziele erreicht. In der Bevölkerung ist einer Umfrage vom Dezember zufolge jedoch nur jeder Fünfte für den Beitritt zur Währungsunion.
Die Versprechen, eine Mitgliedschaft erleichtere den Handel in der Eurozone und steigere das Vertrauen grosser Investoren, beeindrucken viele Landsleute kaum. Die Lebenswirklichkeit vieler Einwohner hat mit dem internationalen Handel nämlich ohnehin kaum etwas zu tun.
Möglichst kein russischer Einfluss
Die Beteuerungen der Regierung, Befürchtungen seien unbegründet, beeindrucken sie wenig. Dabei hatte Finanzminister Andris Vilks im lettischen Fernsehen auf das nördliche Nachbarland Estland verwiesen, das 2011 den Euro eingeführt hatte und Preissteigerungen «von nur 0,2 bis 0,3 Prozent» erlebt habe.
«Die sowjetische Vergangenheit spielt eine Schlüsselrolle für den ungezügelten Euro-Enthusiasmus der baltischen Regierungen», erklärt Witold Orlowski, Analyst bei Price Waterhouse Coopers (PwC). «Die baltischen Staaten sind absolut bereit dazu, alles zu tun, um sich so weit weg wie möglich vom Nachfolger der einstigen Sowjetunion und so nah wie möglich am Zentrum der EU zu positionieren», erklärt Orlowski.
Strenge Sparpolitik
Um sich für die Aufnahme in die Eurozone besser zu positionieren, hat Lettland in den vergangenen Jahren vieles auf sich genommen.
Die 2008 entflammte Finanzkrise hatte das Land fest im Griff, das Bruttoinlandsprodukt stürzte binnen zwei Jahren um 25 Prozent ab, so stark wie in keinem anderen EU-Staat. Lettland erhielt eine internationale Finanzspritze, die Regierung um Dombrovskis setzte eine strenge Sparpolitik durch.
Am Ende hatten die Mühen Erfolg: Lettland arbeitete sich nach dem Absturz zum Musterschüler der EU hoch und kam 2011 und 2012 auf Wachstumsraten von fünf Prozent. Für 2013 wird die Wachstumsrate auf vier Prozent geschätzt. Wenn sie sich in der Silvesternacht auch nicht über den Euro freuen konnten, so durften die Letten zumindest auf das erfolgreiche Jahr 2013 anstossen.