Zwei Sozialdramen haben am Mittwoch in Cannes auf aktuelle Missstände hingewiesen. Die Dardenne-Brüder spürten in «La fille inconnue» dem Tod eines afrikanischen Mädchens nach, der Philippine Brillante Mendoza zeigte in «Ma‘ Rosa» den harten Alltag in seinem Land.
Beide Filme laufen bei den Internationalen Festspielen im Wettbewerb. Die Belgier Jean-Pierre und Luc Dardenne haben bereits zwei Mal die Goldene Palme gewonnen, die höchste Auszeichnung des Festivals.
In Mittelpunkt von «La fille inconnue» steht die junge Ärztin Jenny Davin. Eines Abends klingelt es an ihrer Tür, sie öffnet nicht – und erfährt am nächsten Tag, dass es ein junges Mädchen war, das Schutz gesucht hat. Nun wurde es tot aufgefunden, ohne jeden Hinweis auf die Identität. Jenny fühlt sich schuldig und will den Namen der Schwarzen herausfinden.
«Jenny fühlt sich als Einzige verantwortlich, das tut kein anderer», sagte Luc Dardenne in Cannes. Man könne zwar auch die Frage nach kollektiver Verantwortung stellen, aber das sei nicht die Geschichte gewesen, die sie erzählen wollten.
Tatsächlich fehlt «La fille inconnue» jedoch die Kraft früherer Dardenne-Werke wie «L’enfant» oder «Rosetta». Stattdessen wirkt die Geschichte immer wieder zu stark konstruiert und kann auch trotz der präsenten Hauptdarstellerin Adèle Haenel nicht überzeugen.
Drogenhandel aus Existenznot
Der Philippine Mendoza hingegen nimmt die Zuschauer mit in die ärmeren Viertel von Manila. Die Mutter Rosa betreibt mit ihrer Familie in einer kleinen Hütte einen Kiosk. Um ihr Einkommen aufzubessern, verkauft sie nebenbei Drogen. Als die Polizei davon erfährt, werden Rosa und ihr Mann festgenommen.
Zunächst sollen sie ihren Dealer verraten, schliesslich verlangen die Polizisten aber noch eine hohe Summe Schmiergeld. Nur dann werden die Eltern wieder freigelassen.
Regisseur Mendoza bleibt in «Ma‘ Rosa» nah an seinen Protagonisten dran und fängt dabei auch die Lebensverhältnisse anderer Familien und die Probleme durch Korruption ein.