Die parlamentarische Finanzoberaufsicht kritisiert die bekannt gewordenen Missstände bei Beschaffungen in der Bundesverwaltung und fordert Verbesserungen. Dabei pocht sie nicht nur auf rechtmässige, sondern auch auf wirtschaftliche Beschaffungen.
In den letzten Jahren seien in der Bundesverwaltung schwerwiegende und systematische Verletzungen von beschaffungsrechtlichen Bestimmungen festgestellt worden, schreibt die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte (FinDel) in einer Mitteilung vom Donnerstag. Ihrer Ansicht nach handelt es sich dabei nicht nur um bedauerliche Einzelfälle.
Vielmehr habe in einzelnen Verwaltungseinheiten eine Kultur vorgeherrscht, in der die Einhaltung der Regeln des Beschaffungsrechts lediglich als Option und nicht als Vorgabe aufgefasst worden sei. «Eine solche Kultur ist für die FinDel nicht akzeptabel», hält die Oberaufsicht fest.
Auch Wirtschaftlichkeit berücksichtigen
Dass den beschaffungsrechtlichen Aspekten heute eine höhere Aufmerksamkeit geschenkt werde, begrüsse sie, schreibt die FinDel. Allerdings bestehe das Risiko, dass als Reaktion auf die festgestellten Missstände den beschaffenden Stellen nun noch mehr rechtliche Vorgaben gemacht würden. Darunter könnte die Effizienz leiden.
Den rechtlichen und finanziellen Zielen müsse die gleiche Beachtung geschenkt werden, fordert die FinDel. Sie bittet den Bundesrat zu prüfen, mit welchen rechtlichen und organisatorischen Massnahmen das Beschaffungsverfahren des Bundes wirtschaftlicher gestaltet werden könnte. Weiter soll der Bundesrat die Voraussetzungen für das Delegieren von Beschaffungen an einzelne Verwaltungseinheiten rechtlich klarer definieren und die Einhaltung überprüfen lassen.
Auffälligkeiten nicht gemeldet
Noch nicht zufrieden ist die FinDel auch mit der Berichterstattung im Rahmen des Beschaffungscontrollings, das der Bundesrat auf ihr Verlangen eingeführt hat. Sie habe festgestellt, dass nicht alle auf unteren Stufen gemeldeten Auffälligkeiten den Weg bis in den Bundesrat fänden, schreibt die Delegation. Für eine wirksame Wahrnehmung seiner Gesamtverantwortung müsse der Bundesrat aber von allen festgestellten Auffälligkeiten Kenntnis haben.
Bereits früher hatte die FinDel Empfehlungen für die geplante Revision des Bundesgesetzes und der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen formuliert. Die Vernehmlassung dazu soll nach Angaben der Delegation im November eröffnet werden.
Zu reden gaben in letzter Zeit Missstände bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV), bei der Zentralen Ausgleichsstelle der AHV (ZAS) und im Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO). Im SECO hatte sich gemäss dem Bericht zur Administrativuntersuchung ein Ressortleiter über viele Jahre mutmasslich bestechen lassen. In der betroffenen Verwaltungseinheit wurden die Regeln für öffentliche Beschaffungen systematisch nicht eingehalten.