Das Schweizer Emissionshandelssystem bringt in seiner heutigen Form nichts. Diesen Schluss lässt ein Bericht der Finanzkontrolle zu. Die Autoren empfehlen, die Einstellung des Systems zu prüfen, falls es nicht mit dem europäischen verknüpft werden kann.
Das Emissionshandelssystem (EHS) schaffe für die Firmen praktisch keine Anreize, den CO2-Ausstoss zu reduzieren, heisst es im am Donnerstag veröffentlichten Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK). Wirksamer sei das Instrument der Zielvereinbarung.
Das Hauptinstrument zur Reduktion der Treibhausgase ist die CO2-Abgabe, die seit 2008 auf Brennstoffen erhoben wird. Energieintensive Firmen können sich aber von dieser Abgabe befreien lassen. Im Gegenzug müssen sie entweder am EHS teilnehmen oder sich in einer Zielvereinbarung verpflichten, die CO2-Emissionen zu senken.
Auf 51 Prozent der CO2-Emissionen aus Brennstoffen wird die Abgabe erhoben, rund 33 Prozent sind im EHS reguliert und 16 Prozent stammen von Unternehmen mit einer Zielvereinbarung. Der Hauptgrund dafür, dass das EHS kaum zur CO2-Reduktion beiträgt, sind grosszügige Ausnahmeregelungen.
Zu viele kostenlose Rechte
Das EHS ist ein Markt für Verschmutzungsrechte. Der Bund legt eine Obergrenze für CO2-Emissionen fest, die schrittweise gesenkt wird. Entsprechend der Obergrenze werden Emissionsrechte ausgegeben, die zum Ausstoss einer bestimmten Menge CO2 berechtigen. Diese Rechte sind handelbar.
Das Problem ist nun aber, dass ein Grossteil der Emissionsrechte den Teilnehmern kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Das soll verhindern, dass die Firmen ihre Produktion ins Ausland verlagern. Seit 2013 nehmen 55 Produktionsanlagen teil. Die Hälfte musste bisher keine Emissionsrechte ersteigern. Kritiker sprechen von einem Systemfehler: Die Ausnahme sei zum Standard geworden.
Faktische Subventionen
Problematisch ist ferner, dass seit 2013 auch jene Firmen Gelder aus der Rückverteilung der CO2-Abgabe erhalten, die von der Abgabe befreit sind. Das Ziel war es, den Aufwand beim Vollzug zu verkleinern.
Für die abgabebefreiten EHS-Firmen seien die Rückverteilungsbeträge aber de facto Subventionen, welche die anderen Firmen bezahlten, schreibt die EFK. Für einige Firmen sei der Kauf von Emissionsrechten vollständig durch diese Subventionen gedeckt.
Zu kleiner Markt
Hinzu kommt, dass im kleinen Schweizer Markt einzelne EHS-Teilnehmer den Handel bedeutend beeinflussen können. Das zeigte sich am Beispiel der Öl-Raffinerie Tamoil, dem drittgrössten CO2-Emittenten im Schweizer Markt. Weil Tamoil den Betrieb eingestellt hat, sind nun viel zu viele Emissionsrechte im System.
Verstärkt wird der Überschuss an Emissionsrechten dadurch, dass auch ausländische Emissionszertifikate angerechnet werden können. Wegen der kostenlosen oder preisgünstigen Emissionsrechte bestünden kaum Anreize, emissionsmindernde Massnahmen umzusetzen, schreibt die EFK. Erst Preise von mehr als 40 Franken würden Anreize schaffen. Heute liegen die Preise unter 10 Franken.
Korrektur geplant
Im Hinblick auf die geplante Revision des CO2-Gesetzes hatte die EFK ihre Empfehlungen dem Bund bereits im vergangenen Jahr dargelegt. Der Bundesrat berücksichtigte diese in der Vernehmlassungsvorlage teilweise.
So schlägt er vor, dass im Falle der Schliessung eines Betriebs künftig dem System Emissionsrechte entzogen werden können. Weiter sollen abgabebefreite Firmen keine Gelder mehr aus der Rückverteilung der CO2-Abgabe erhalten.
Abkommen blockiert
Das Problem des kleinen Marktes bleibt aber. Eine Lösung dafür wäre die geplante Verknüpfung mit dem europäischen EHS. Das Abkommen ist ausgehandelt, liegt aber seit dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative auf Eis.
Für den Fall, dass der geplante Anschluss ans europäische EHS nicht in absehbarer Zeit gelingt, empfiehlt die EFK, die Weiterführung des Schweizer Systems zu überdenken. Der Bund soll zum einen prüfen, ob es nicht besser wäre, das EHS einzustellen und auf die CO2-Abgabe und die Zielvereinbarungen zu fokussieren.
Verbesserungen prüfen
Zum anderen soll der Bund die Weiterführung des Systems mit Verbesserungen prüfen, etwa einem Steuerungsmechanismus für die Preisstabilität, einer Preisuntergrenze für die Ersteigerung von Emissionsrechten sowie Mechanismen, die den Handel beleben.
Das Bundesamt für Umwelt hält dazu in einer Stellungnahme fest, die angestrebte Umsetzung des Abkommens mit der EU bedürfe einer EU-kompatiblen Ausgestaltung des Emissionshandels. Es prüfe aber verschiedene Varianten für den Fall, dass das Abkommen mit der EU nicht innert nützlicher Frist unterzeichnet werden könne.
Schliesslich empfiehlt die EFK dem Bund, transparenter auszuweisen, wie viel welches Instrument zur Reduktion des CO2-Ausstosses beiträgt. Ob die Schweiz das Reduktionsziel für 2020 insgesamt erreicht, ist noch offen. Die Industrie dürfte das Sektorziel erreichen, der Verkehr wird es deutlich verfehlen.