Von 2013 bis Mitte 2014 hat das Bundesamt für Energie (BFE) über 90 Prozent seiner Aufträge unter der Hand vergeben. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK). Das Amt will die als ungenügend bewertete Beschaffungspraxis verbessern.
In einem Bericht zur Beschaffungsprüfung vom 5. November 2014, den das «St. Galler Tagblatt» am Freitag gestützt auf das Öffentlichkeitsprinzip in der Verwaltung veröffentlichte, kritisiert die Finanzkontrolle das BFE heftig: 959 der 1045 untersuchten Aufträge seien ohne Ausschreibung vergeben worden.
«Der Anteil erscheint auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Energiesektors als zu hoch», schreiben die Prüfer im Bericht, welcher der Nachrichtenagentur sda vorliegt. Die gesetzlich verlangte Dokumentation der freihändigen Vergaben sei ungenügend oder nicht vorhanden.
Bundesamt räumt Fehler ein
Das Gesetz verlangt, dass der Bund Aufträge ab 230’000 Franken öffentlich ausschreibt. Bei Beschaffungen ab 150’000 Franken für Dienstleistungen und ab 50’000 Franken für Güter gilt das Einladungsverfahren. Der Bund muss dann mindestens drei Anbieter auffordern, eine Offerte einzureichen.
Die EFK verlangt, dass das Bundesamt für Energie die Vergaben ohne Ausschreibung auf ein Minimum reduziert. Zudem solle es eine Planung der Beschaffungen einführen. Nicht gelten lassen die Finanzkontrolleure die Begründung des Bundesamts, für viele der bemängelten Ausschreibungen sei nur eine Firma infrage gekommen.
Das BFE will laut Bericht die meisten Forderungen der Finanzkontrolle noch im laufenden Jahr umsetzen. Bereits vor der Prüfung habe das Amt erkannt, dass beim Beschaffungswesen Handlungsbedarf bestehe. So verstärkte es die Rechtsberatung. «Der eingeschlagene Weg sollte nun konsequent weiterverfolgt werden», schreibt die EFK im Prüfbericht.
Nicht erster Fall
Das BFE ist nicht das erste Amt, das wegen seiner Beschaffungspraxis ins Visier der Prüfer gerät. Im Oktober 2013 hatte die Finanzkontrolle das Bundesamt für Strassen (ASTRA) gerüffelt: Das IT-Projekt zur zentralen Verwaltung aller Strassendaten (MISTRA) werde mit 100 Millionen Franken mehr als doppelt so teuer als geplant. Bemängelt wurden unter anderem ungenügende Transparenz bei der Beschaffung.
Probleme gab es auch bei einem anderen IT-Projekt des ASTRA. Ein von der «Berner Zeitung» veröffentlichter Bericht der Finanzkontrolle listete im Februar 2014 verschiedene Risiken und Mängeln beim Buchhaltungs- und Controllingsystem für Autobahnprojekte TDCost auf.
Wenige Wochen zuvor hatten «Tages-Anzeiger» und «Der Bund» Unregelmässigkeiten beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) enthüllt. Ein Ressortleiter liess sich über lange Zeit von IT-Firmen bestechen und schanzte diesen im Gegenzug überteuerte Aufträge in Millionenhöhe zu.