Mikrobiologen der Universität Zürich haben eine neue Erkrankung nachgewiesen, die durch Zeckenstiche übertragen wird. Sie verursacht hohes Fieber und allgemeines Unwohlsein. Der Grossraum Zürich ist ein Risikogebiet.
Die Universität Zürich feiert einen Forschungserfolg. Wie die Uni am Mittwoch mitteilt, hat das Institut für Medizinische Mikrobiologie (IMM) eine neue Zeckenerkrankung entdeckt. In der Schweiz sind vornehmlich zwei von Zecken übertragene Krankheiten bekannt: Die Borreliose, die von Bakterien verursacht wird, und die virale Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), die eine schwere Gehirnentzündung auslösen kann.
Doch 2010 tauchten weltweit erstmals Patienten auf, die nach Zeckenbissen an wiederkehrendem hohem Fieber von bis zu 40 Grad, Gewichtsverlust und Unwohlsein litten. Weitere folgten 2011 und 2012. Es konnte kein Auslöser entdeckt werden.
Ein Fall für das Team um Guido Bloemberg vom IMM: Sie durchforsteten das Blut der Patienten auf Erbgutspuren von möglichen Erregern und wurden fündig. Gleichzeitig mit Kollegen aus Deutschland und Schweden wiesen sie ein Bakterium namens Candidatus Neoehrlichia mikurensis nach.
Dieses war 1999 erstmals in Zecken und Nagetieren in Europa und Asien entdeckt worden. Bis heute sind in Europa insgesamt acht Patienten mit dem neuen Erkrankungsbild „Neoehrlichiose“ beschrieben, drei davon aus dem Grossraum Zürich. Sie alle hatten dieselben Symptome und konnten durch eine Antibiotikatherapie vollständig geheilt werden.
Grossraum Zürich ist Risikogebiet
In der Folge untersuchte Bloembergs Team rund 2000 Zecken aus der Wohnumgebung der drei Schweizer Patienten, die sich häufig in Wäldern und Wiesen aufhielten. Sie fanden, dass im Grossraum Zürich fünf bis zehn Prozent der Zecken den Erreger in sich tragen, wie sie nun im «Journal of Clinical Microbiology» berichten. «Das legt nahe, dass der Grossraum Zürich ein Risikogebiet für Neoehrlichiose ist», zitierte die Mitteilung Mitautor Florian Maurer vom IMM.
Die Bevölkerung müsse sich aber nicht mehr Sorgen machen als vorher, sagte Bloemberg der Nachrichtenagentur sda. Die Erkrankung sei für Gesunde vermutlich weniger gefährlich als FSME und sie ist mit Antibiotika leichter zu therapieren als Borreliose. Fast alle der bis anhin in Europa erkrankten Personen hatten ein geschwächtes Abwehrsystem, erklären die Forscher. Allerdings erkrankten in China kürzlich auch zuvor gesunde Patienten nach einem Zeckenbiss an Neoehrlichiose. Ihre Symptome seien ähnlich gewesen wie die der immungeschwächten Patienten, erklärte Bloemberg.
Neuer Schnelltest
Der Mikrobiologe denkt, dass es die Erkrankung schon länger, vielleicht seit zehn Jahren, in der Schweiz gibt. Doch es fehlte bisher ein Labortest, um sie nachzuweisen. Nun hat Bloembergs Team einen DNA-basierten Test entwickelt, der innerhalb nur eines Arbeitstages auch die kleinsten Erbgutschnipsel des Erregers mit hoher Präzision nachweist.
Der Test könnte auch für grössere Reihenuntersuchungen eingesetzt werden, sagt Bloemberg. Denn über das Bakterium ist noch wenig bekannt. «Wie gut das Bakterium bei einem Stich durch eine infizierte Zecke auf den Mensch übertragen wird, muss noch erforscht werden», erklärt er.