Forscher lüften Rätsel um Pferdemähnen-Eis

Eis, das aussieht wie eine weisse, glänzende Pferdemähne, kann im Winter an kalten Tagen aus totem Holz quellen. Ein schweizerisch-deutsches Forscherteam hat nun das Geheimnis dieses bizarren «Haareises» gelüftet: Dahinter steckt ein Pilz.

Eis, das aussieht wie eine weisse, glänzende Pferdemähne, kann im Winter an kalten Tagen aus totem Holz quellen. Ein schweizerisch-deutsches Forscherteam hat nun das Geheimnis dieses bizarren «Haareises» gelüftet: Dahinter steckt ein Pilz.

Das Team um Christian Mätzler von der Universität Bern konnte nun zusammen mit deutschen Kolleginnen erstmals die verantwortliche Pilzspezies und deren Einfluss auf die Eisbildung identifizieren: Exidiopsis effusa, auf Deutsch die Rosagetönte Gallertkruste. Über des Rätsels Lösung berichten die Wissenschaftler im Fachjournal «Biogeosciences».

Von Schönheit überrascht

«Wir waren bei Spaziergängen von der Schönheit des Haareises überrascht», erklärte Mätzler in einer Mitteilung des Journals sein Interesse für das Phänomen. Einen Pilz als Wachstumsfaktor für das seltsame Eis hatte schon vor 100 Jahren der Polarforscher Alfred Wegener – bekannt als Urheber der Kontinentalplatten-Theorie – vorgeschlagen.

Der frühere Gymnasialrektor Gehart Wagner aus Bern konnte dies in den 1970er Jahren indirekt bestätigen. Er halbierte Holzstücke, auf denen Haareis – auch Eiswolle genannt – wuchs, und behandelte jeweils einen Teil mit Fungiziden oder heissem Wasser. Auf diesen bildete sich dann kein Haareis mehr. Doch die Identität des Pilzes blieb ungeklärt.

Nun fand die Biologielehrerin und Mitautorin Gisela Preuss aus Neustadt (D) insgesamt elf Pilzarten auf solchen Holzstücken. Nur Exidiopsis effusa kam auf allen vor. Die Chemikerin Diana Hoffmann vom Forschungszentrum Jülich konnte weiter nachweisen, dass im Eis die organischen Moleküle Lignin und Tannin vorkommen.

Kristallbildung beeinflusst

«Diese Moleküle könnten die Bildung von grossen Eiskristallen auf der Holzoberfläche verhindern», sagte Hoffmann. Mätzler selbst studierte eingehend das physikalische Wachstum der nur ein Hundertstel Millimeter dünnen Eishaare, die bis zu zehn Zentimeter lang werden können.

Er bestätigte, dass die sogenannte Segregation von Eis verantwortlich für die Haarbildung ist. Diese tritt auf, wenn flüssiges Wasser unter dem Gefrierpunkt in feinen Poren gefangen ist. An der Oberfläche gefriert es zu Eis und «saugt» somit weiteres Wasser aus den Poren hinaus, wo es auskristallisiert und sich an das bestehende Eis anlagert.

Frostschutzmittel

Deshalb wächst das Eis wie Menschenhaar an der Basis nach. Ohne Pilz bilde sich auch Eis, aber als Kruste und nicht als Haar, erklärte Mätzler. Offenbar verhindern die Pilz-Substanzen im Eis, dass sich Kristallspitzen abrunden, was Rekristallisation genannt wird. Haareis entsteht vor allem bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit und Temperaturen um den Gefrierpunkt.

Das Haareis dürfte dem Baumpilz als eine Art Frostschutzmittel dienen, erklärte Mätzler in einem Newsbericht der Universität Bern: Statt in den Poren des Astes zu gefrieren, in denen auch der Pilz wohnt, wird das darin enthaltene Wasser an die Oberfläche gedrückt. Dort erstarrt es zu Eisfäden. Weil beim Gefriervorgang Energie frei wird, bleibt der Ast zudem etwas wärmer als die Umgebung.

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