Bei Suchanfragen im Internet hat «Donald Trump» die Nase vorn. Dafür ist Hillary Clinton mit ihrer Kampagne thematisch näher an den Interessen der amerikanischen Internetnutzer, wie Schweizer und US-Forscher herausgefunden haben.
Neben Befragungskampagnen könnte man zukünftige Wahlprognosen wohl auch auf die Internetaktivität der Wählerinnen und Wähler stützen. Zumindest versuchen das die Wissenschaftler der Universität Neuenburg, der Northeastern University in Boston und des «Institute for Applied Argumentation Research» (IFAAR) in Bern für den US-Wahlkampf im Rahmen des Projekts «User Monitoring of the US Elections 2016», wie die Beteiligten am Dienstag mitteilten.
Die Forscher sammelten täglich die Suchanfragen der vorangegangenen 30 Tage, die US-Online-Nutzer in Suchmaschinen und sozialen Netzwerken eingaben. Im Zeitraum von Januar bis Ende Juni 2016 lag «Donald Trump» dabei vorn, mit durchschnittlich 1,08 Millionen Anfragen während der vorangegangenen 30 Tage. Deutlich vor «Hillary Clinton» mit nur durchschnittlich 480’000 Suchanfragen. «Ted Cruz» lag meistens auf dem zweiten Platz mit 730’000 und «Bernie Sanders» bei 340’000.
Trump war vorher unbekannt
Trump scheint somit mehr Präsenz zu haben – eine wichtige Voraussetzung, um gewählt zu werden. Teilweise sei das vielleicht damit zu erklären, dass Trump im Gegensatz zu Clinton vorher relativ unbekannt war, so dass sich wohl viele US-Wähler erst einmal grundsätzlich über ihn informierten, sagte Christoph Glauser vom IFAAR im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda. Aber auch seine kontroversen Äusserungen hätten ihm in Sachen Internetpräsenz geholfen.
Glauser und Kollegen analysierten ausserdem die Themen (anhand vordefinierter Suchbegriffe), für die sich die Internetnutzer im Verlauf des Wahlkampfs interessierten. Besonders hohes Interesse stellten die Forscher für die Themengebiete Bildung, KMU und Gesundheitsversorgung fest, etwas weniger auch für Energiepolitik und Klimaveränderung. Zwar ständig aber relativ selten nachgefragt waren Themen wie Immigration, Terrorismus und Gesundheitsreform.
Diese Interessen der Internetnutzer verglichen die Wissenschaftler anschliessend mit den thematischen Inhalten der Websites der Kandidaten. Das Ergebnis: Clintons Kampagnen-Website trifft dabei die nachgefragten Themen eher als Trumps. Zahlreiche stark nachgefragte Themen beispielsweise im Bereich Arbeitsplatz, Armut und Wohnungsmarkt werden aber laut den Forschern von beiden Kampagnen-Websites ungenügend abgedeckt.
Komplizierte Sprache
Eine Schwierigkeit der Clinton-Kampagne sei ausserdem die eher technokratische Sprache, sagte Glauser gegenüber der sda. «Trump wird mit seinen einfachen, kurzen Sätzen von der amerikanischen Bevölkerung besser verstanden.»
Diese Art der «Wählerbefragung» hat Zukunft, glauben die Forscher. Offline komme man kaum mehr an die Leute heran, aber die online eingegebenen Suchanfragen könne man messen, so Glauser. Die Forscher wissen allerdings nicht, wer die Suchbegriffe eingibt – können also keine Bevölkerungsgruppen unterscheiden. «Die Bevölkerung ist wahrscheinlich relativ gut repräsentiert. In den letzten Jahren ist beispielsweise auch die Gruppe der Senioren unter den Internetnutzern stark gewachsen.»
Ob die grössere Internetpräsenz von Trump oder die thematisch grössere Nähe der Clinton-Kampagne zur Bevölkerung am Ende den Ausschlag gibt, wird sich zeigen müssen. Zudem kann sich die Unterstützung für die eine Kandidatin oder den anderen Kandidaten rasant ändern.