Die Fraktionen des EU-Parlaments haben sich hinter den konservativen Spitzenkandidaten für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten, Jean-Claude Juncker, gestellt. Das teilte der Fraktionschef der Sozialdemokraten, Hannes Swoboda, in Brüssel mit.
Damit hat Juncker den Vortritt bei dem Versuch, eine Mehrheit im EU-Parlament zu bilden. Die Fraktionsvorsitzenden im EU-Parlament hatten zuvor über die nächsten Schritte nach der Europawahl beraten.
Das Ergebnis wollen sie an EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy melden. Dieser empfängt am Abend die Staats- und Regierungschefs zu einem Abendessen. Dabei wollen die Teilnehmer auch über die wichtige Brüsseler Personalie sprechen. Eine Entscheidung dürfte aber erst in einigen Wochen fallen.
Die konservative Europäische Volkspartei (EVP) hatte am Sonntag die Europawahl gewonnen und beansprucht den Brüsseler Spitzenposten für ihren Kandidaten Juncker. Aber auch der Sozialdemokrat Martin Schulz will Kommissionspräsident werden.
Kompliziertes Verfahren
Das Verfahren ist kompliziert, denn das Vorschlagsrecht liegt bei den Staats- und Regierungschefs – doch das Parlament muss zustimmen. Das Erstarken populistischer und rechter Parteien erschwert eine Mehrheitsfindung. Kanzlerin Angela Merkel rechnet mit wochenlangen Verhandlungen über die Besetzung aller Führungsämter.
«Wir brauchen ein europäisches Personalpaket», sagte die CDU-Chefin am Montag in Berlin. Luxemburgs Ex-Regierungschef Juncker sei der EVP-Kandidat für das Amt des Kommissionspräsidenten. Weder die EVP noch die europäischen Sozialisten könnten die Personalie aber alleine bestimmen.
Zustimmung unter Bedingungen
SPD-Chef Sigmar Gabriel betonte in Berlin, gegen die Stimmen der Sozialdemokraten werde kein Kommissionspräsident gewählt. Die EVP werde Angebote machen müssen, damit Juncker im Europaparlament eine Zustimmung erhält. «Das ist keinesfalls selbstverständlich», sagte er.
Der konservative Parteienblock EVP errang nach vorläufigem Stand (Montag, 18.00 Uhr) nur noch 213 der 751 Sitze im Europaparlament. Bisher waren es 273. Die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) kam mit 190 Sitzen (bisher: 196) auf Platz zwei. Auf Platz drei liegen die Liberalen mit 64 Sitzen (bisher: 83).
Rechtsorientierte und populistische Parteien legten insgesamt von 64 auf rund 143 Mandate zu. Unklar ist, ob sie eine Fraktion bilden werden. In Frankreich etwa wurde die rechtsextreme Partei Front National (FN) klar stärkste Kraft.