Am Mittwoch beginnt mit dem Eröffnungsspiel zwischen Gastgeber Frankreich und Brasilien die 25. Handball-WM. Für die Franzosen wäre alles andere als der Titel eine Enttäuschung.
Bei der letzten WM in Frankreich vor 16 Jahren gewann die Equipe Tricolore dank eines 28:25-Sieges nach Verlängerung im Final gegen Schweden die Goldmedaille. Mit Torhüter Thierry Omeyer und Aufbauer Daniel Narcisse waren zwei Spieler aus dem aktuellen Kader bereits damals dabei. Der 40-jährige Omeyer könnte als erster Handballer zum fünften Mal Weltmeister werden – vier WM-Titel holte auch Jérôme Fernandez. Narcisse fehlte beim WM-Triumph 2011 wegen einer Verletzung.
Auch das neue Trainer-Duo Didier Dinart und Guillaume Gille weiss aus eigener Erfahrung, wie man im eigenen Land den Titel holt, waren die beiden doch 2001 ebenfalls als Spieler mit von der Partie. Dinart, bisher Co-Trainer, und Gille übernahmen das Amt von Erfolgscoach Claude Onesta, der nach 15 Jahren an der Spitze der französischen Equipe sein Amt abgab und nun als Teammanager fungiert.
Onesta führte Frankreich zu je drei WM- und EM-Titeln sowie zwei Olympia-Goldmedaillen – eine unglaubliche Bilanz. Im vergangenen August fehlte in Rio de Janeiro nur wenig zum dritten Olympiasieg. Das Endspiel gegen Dänemark ging 26:28 verloren. Es war für Frankreich im zwölften Final an internationalen Meisterschaften erst die zweite Niederlage.
Die Franzosen, mit fünf Titeln der Rekordweltmeister, sind an der Heim-WM quasi zum Siegen verdammt, umso mehr, als es nach dem Turnier einen Umbruch im Team geben dürfte. Die Erwartungshaltung im eigenen Land ist jedenfalls riesig. «Ob wir in Frankreich oder im Ausland spielen, der Druck ist immer da», sagte Gille. «Die Medien und die Öffentlichkeit sind wegen all der Erfolge zu ‚verwöhnt‘. Es liegt an uns, all diese Dinge zu bewältigen.»
Dänemark will Oympia wiederholen
Neben Frankreich gehören auch Dänemark und Deutschland zu den Topfavoriten. Die Dänen haben noch nie an einer WM Gold geholt, 1967, 2011 und 2013 scheiterten sie jeweils im Final. Ob es diesmal zur Premiere reicht, wird davon abhängen, ob sich Aufbauer Mikkel Hansen und Torhüter Niklas Landin wieder in einer dermassen guten Form wie an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro präsentieren.
Hansen wurde zum MVP des Turniers gekürt. Bei Dänemark steht letztmals der isländische Trainer Gudmundur Gudmundsson an der Seitenlinie. Er wird danach ersetzt durch Nikolaj Jacobsen, der aber trotzdem Coach von Andy Schmid bei den Rhein-Neckar Löwen bleibt.
Auch Gudmundssons Landsmann Dagur Sigurdsson gibt bei Deutschland seine Abschiedsvorstellung als Coach. Der 43-Jährige wechselt nach Japan, dem Gastgeber der Olympischen Spiele 2020. Der Abgang von Sigurdsson ist für die DHB-Auswahl ein herber Verlust. Als er die Deutschen im August 2014 übernahm, waren diese am Boden, hatten sie nach der EM 2014 auch die WM 2015 verpasst.
Der deutsche Nationaltrainer möchte sich mit einem weiteren Ausrufezeichen verabschieden.
Dank einer Wildcard durften sie dann doch noch an der WM-Endrunde 2015 teilnehmen und wurden Siebte. Ein Jahr später folgte der unerwartete Gewinn des EM-Titels, worauf den Deutschen mit der Olympia-Bronzemedaille die Bestätigung gelang. Nun möchte sich Sigurdsson nur allzu gerne mit einem weiteren Ausrufezeichen verabschieden.
Die Chancen dazu sind gut, auch wenn einige Titulare fehlen, unter anderen Steffen Weinhold, Fabian Wiede und Christian Dissinger (ex Kadetten Schaffhausen). Zudem muss Captain Uwe Gensheimer einen Schicksalsschlag verkraften, ist doch dessen Vater verstorben. Dennoch ist das Selbstvertrauen der Deutschen gross.
Neben Frankreich, Dänemark und Deutschland ist auch mit Spanien und Kroatien zu rechnen. Die Schweiz fehlt zum elften Mal hintereinander an einer WM. Mit dem argentinischen Torhüter Matias Schulz (Pfadi Winterthur) und dem chilenischen Aufbauer Emil Feuchtmann (Wacker Thun) dürften immerhin zwei NLA-Spieler zum Einsatz kommen.
Schweizer Schiedsrichter im Einsatz
Vertreten ist die Schweiz bei den Schiedsrichtern, erhielten doch Arthur Brunner und Morad Salah ein Aufgebot. Für die beiden Ostschweizer ist es die erste Teilnahme an einer WM-Endrunde bei den Erwachsenen. Felix Rätz wurde als technischer Delegierter nominiert.
Das Konzept der WM 2001, das ganze Lande zu integrieren, wurde beibehalten. So werden die insgesamt 76 Partien in acht verschiedenen Stadien durchgeführt. Zwei Spiele werden in Lille im Fussballstadion ausgetragen, wo die Kapazität 28’000 Zuschauer beträgt. Noch nie zuvor wurde an einer Handball-EM oder -WM in einem Fussballstadion gespielt. Zwei Tage vor dem Turnierstart waren bereits 431’000 Tickets abgesetzt.