Eine Luzernerin kann aus der katholischen Staatskirche austreten und gleichzeitig katholisch bleiben. Das Bundesgericht hat die Luzerner Kirchgemeinde zurückgepfiffen, die den Austritt der Frau an ein Gespräch mit dem Generalvikar knüpfen wollte.
Die Frau hatte seit 2002 mehrfach den Austritt aus der Katholischen Kirchgemeinde Luzern erklärt. Zuerst legte sich die Kirchgemeinde quer, weil die Frau gleichzeitig katholisch bleiben wollte.
Als das Bundesgericht 2007 in einem Grundsatzurteil entschied, dass man aus der staatskirchlichen Organisation austreten und dennoch weiter der römisch-katholischen Weltkirche angehören kann, unternahm die Frau einen neuen Austrittsversuch.
Die Kirchgemeinde stellte sich aber auf den Standpunkt, dass der Austritt ungültig sei. Der Grund: Die Frau war der geforderten Kontaktaufnahme mit dem Generalvikar des Bistums Basel nicht nachgekommen.
Gespräch keine Bedingung
Das Luzerner Verwaltungsgericht stützte in erster Instanz die Kirchgemeinde. Das Bundesgericht hat nun dieses Urteil aufgehoben und den Austritt bestätigt.
Wer aus der Kirche austritt, entledigt sich laut Bundesgericht der Rechte und Pflichten, die er nach staatlichem Recht der Kirche gegenüber hat. Der Austritt erstreckt sich aber nur auf die Kirche als privat- oder öffentlich-rechtliche Person. Ob der Ausgetretene „weiterhin einer unsichtbaren oder einer rein nach geistlichem Recht verfassten Kirche angehört, ist aus staatlicher Sicht unbeachtlich“.
Das Austrittsgesuch der Beschwerdeführerin sei klar und unzweideutig, hält das Bundesgericht fest. Es erfülle alle Voraussetzungen, die nach dem Verfassungsrecht an einen Austritt gestellt werden dürfen. Dass die Frau ein Gespräch mit dem Generalvikar abgelehnt habe, spiele keine Rolle.
Keine Zwangsmitgliedschaft
Die vom Verwaltungsgericht gestützte Forderung der Kirchgemeinde nach einem integralen Austritt aus der Kirche ist nach Sicht der Bundesrichter nicht stichhaltig. Die Religionsfreiheit garantiere die Austrittsmöglichkeit, heisst es im Urteil. Eine Anknüpfung an das kanonische Recht (der Weltkirche) würde einen Austritt verunmöglichen, weil dieses einen solchen gar nicht kennt.
Die Verweigerung des Austritts aus der Staatskirche würde zu einer verfassungswidrigen Zwangsmitgliedschaft für Katholiken führen, die nur die weltliche Organisation der Kirche ablehnen, hält das Gericht fest. Daher ergebe sich kein Recht, den Kirchenaustritt aus der Staatskirche an Bedingungen – wie beispielsweise den Kontakt mit dem Generalvikar – zu knüpfen.
Im Übrigen sei ein Kirchenaustritt auch zulässig, um Steuern zu sparen, heisst es im Urteil. Allerdings wäre ein solcher Austritt rechtsmissbräuchlich, wenn die austretende Person die von der Landeskirche finanzierten Leistungen danach weiter uneingeschränkt beanspruche. Ein solches Verhalten müsste indessen von den Kirchenbehörden nachgewiesen werden.