Menschenrechtler beklagen einen faktischen Ausschluss von Frauen von den Friedensgesprächen und Verhandlungen über die Zukunft Afghanistans. Frauen müssten viel stärker in politische Entscheidungsfindungen einbezogen werden, um das Land zu stabilisieren.
Es gelte die nach dem Sturz der Taliban erzielten Fortschritte zu sichern, forderte die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam am Montag bei der Vorstellung ihres Berichts «Behind Closed Doors» (Hinter verschlossenen Türen). Die Organisation ruft die westlichen Geberländer zu mehr Druck auf, um mehr Gleichberechtigung durchzusetzen.
Die Kreditgeber hätten seit 2001 rund 80 Milliarden Euro für den zivilen Aufbau in Afghanistan ausgegeben, erklärte Oxfam-Experte Robert Lindner. Zwar sei dadurch der Zugang von Frauen vor allem zu Bildung und Gesundheitsfürsorge verbessert worden, «doch die Stärkung ihrer politischen Teilhabe wurde sträflich vernachlässigt». Wolle die Staatengemeinschaft ihre Entwicklungsinvestitionen nicht aufs Spiel setzen, «muss sie diesen Fehler nun korrigieren».
Als Grundlage des Oxfam-Berichts dienten den Angaben zufolge 23 seit 2005 bekannt gewordene Friedensgespräche zwischen den radikalislamischen Taliban, der afghanischen Regierung und der internationalen Gemeinschaft. Demnach durften afghanische Frauen an keiner dieser Verhandlungsrunden teilnehmen.
Auch bei separaten Gesprächen der Zentralregierung mit den Taliban seien Frauen nur zweimal zugelassen gewesen. Im Hohen Friedensrat wiederum, dem zentralen afghanischen Beratungsgremium für Verhandlungen mit den Taliban, seien Frauen stark unterrepräsentiert und würden häufig bei wichtigen Entscheidungen übergangen.
Frauenrechte als Interventionsgrund
Die internationale Gemeinschaft habe ihr Engagement am Hindukusch zu einem grossen Teil mit dem Schutz der Frauenrechte begründet, erklärte der Landesdirektor von Oxfam in Afghanistan, John Watt. Tatsächlich hätten Frauen in der Geschichte des Landes niemals mehr Rechte und besseren Zugang zu Bildung und Gesundheitsfürsorge gehabt.
Nach dem weitgehenden Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan müssten die westlichen Staaten nun «umso stärker ihren politischen Einfluss geltend machen und verhindern, dass Frauenrechte und andere elementare Menschenrechte wegverhandelt werden».