Im Skandal um minderwertige Brustimplantate hat ein französisches Berufungsgericht ein Schadenersatz-Urteil gegen den TÜV Rheinland aufgehoben. Die Kontrollstelle habe ihre Verpflichtungen bei der Zertifizierung der Produktion erfüllt.
In erster Instanz war das deutsche Prüfunternehmen Ende 2013 dazu verurteilt worden, betroffenen Frauen jeweils 3000 Euro Schadenersatz zu zahlen. Der TÜV war dagegen in Berufung gegangen.
Das Gericht wies die Forderungen von rund 3000 Frauen sowie einigen Händlern nun zurück. Die Produktion des inzwischen insolventen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) sei korrekt zertifiziert worden, teilte das Gericht am Donnerstag in Aix-en-Provence mit.
Keine Prüfung der Silikon-Kissen
Der TÜV hatte nur Unterlagen und die Qualitätssicherung von PIP überprüft, nicht die Kissen selbst. Auf dieser Grundlage erhielt die Firma das europäische CE-Siegel. Die Klägerinnen warfen den Prüfern deshalb Schlamperei vor.
Die bereits gezahlten 5,8 Millionen Euro könnte der TÜV Rheinland nun zurückfordern – ob das Unternehmen dies auch macht, wird laut einem Sprecher noch geprüft. Nach Angaben einer Anwältin könnten auch gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts Rechtsmittel eingelegt werden.
Der Skandal um die Firma PIP war 2010 bekanntgeworden: PIP hatte seine Brustimplantate statt mit Spezial-Silikon mit billigerem Industrie-Silikon befüllt, die Kissen reissen leichter und können Entzündungen auslösen. Behörden rieten Betroffenen damals, sich die Implantate entfernen zu lassen.
In der Schweiz hatten gemäss früheren Angaben von Swissmedic rund 280 Frauen PIP-Brustimplantate getragen. Ihnen war bei Bekanntwerden der Mängel ein halbjährliche Kontrolle empfohlen worden. Bei Auftreten von Problemen sollten sie sofort zum Arzt.
In Frankreich waren es zwischen 35’000 und 45’000 Frauen, die sich zwischen 2001 und 2010 PIP-Produkte implantieren liessen. Die 2010 aufgelöste Firma PIP exportierte 90 Prozent ihrer Produktion ins Ausland. Weltweit wurden hunderttausende mit Billig-Silikon gefüllte Brustimplantate verkauft.
Der Gründer der Skandal-Firma, Jean-Claude Mas, wurde im Dezember 2013 zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Sein Berufungsprozess soll im November beginnen.