Für rege Diskussionen sorgt seit einiger Zeit ein in Frankreich erschienener Roman von Régis Jauffret. Unter dem Titel „Claustria“ nimmt sich der 56-Jährige des Falls Josef Fritzl an.
Er recherchierte dafür vor Ort in Österreich und war auch beim Prozess anwesend. „Mich hat fasziniert, dass Menschen auf die Welt kommen und leben konnten, ohne jemals die Realität der Welt gesehen zu haben – und doch alles über sie wussten, weil sie sie im Fernsehen gesehen hatten“, sagte Jauffret dem Ö1-„Morgenjournal“.
Für das französische Feuilleton scheint klar: „Claustria“ ist ein Roman grossen Stils. So bezeichnet etwa Marianne Payot im „L’Express“ die „abscheuliche Geschichte“ als eine Herausforderung für den Autor, die er in einen „unglaublichen Erfolg“ ummünzen konnte.
„Bestürzt durch die Ungeheuerlichkeit der Vorfälle, angezogen vom zurückhaltenden Ton und dem fieberhaften Stil des Erzählers, wird der Leser mitgerissen, wie berauscht von dieser wahnsinnigen Geschichte.“
Auf 550 Seiten entfaltet Jauffret seine Version der Ereignisse, erzählt aus der Sicht der Kinder, angesiedelt im Jahr 2055. Im Mittelpunkt steht die Tochter Angelika. Jauffret hat bis auf Josef Fritzl alle Namen verändert.
Schwer auszuhalten
„Man kann sich vorstellen, gefoltert zu werden. Aber 24 Jahre lebend unter der Erde ist undenkbar“, hielt der Schriftsteller gegenüber „Ö1“ fest. Die Recherchen für den Roman gestalteten sich dabei als überaus fordernd: „Manchmal habe ich es bereut, mich da hineingekniet zu haben.“
Die Vielzahl an Veröffentlichungen zu dem Fall seien problematisch für Jauffret gewesen, konnte er doch „das Lesen nicht länger als eine Stunde lang aushalten“. Zum Ort des Geschehens meint der Autor, von dem bis dato nur das Werk „Streng“ auf Deutsch erschienen ist: „Ich habe den Eindruck, Österreich nimmt sich nicht sonderlich ernst und ist ein ziemlich nihilistisches Land.“