Eine gute Ballbehandlung hilft sicher auf dem Weg an eine Fussball-Weltmeisterschaft. Aber gibt es andere Faktoren, die die Chancen auf eine WM-Teilnhame beeinflussen? Unser Check zeigt: Eine funktionierende Demokratie ist zwar kein Hinderungsgrund – aber auch nicht unbedingt notwendig.
Hurra, hurra, mit einem begeisternden 0:0 gegen Jordanien hat sich Uruguay als 32. und letzte Nation für die Fussball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien qualifiziert! Wir gratulieren.
Jetzt ist der Moment gekommen, die 32 Teilnehmerländer von vielleicht ganz untauglichen Blickwinkeln aus zu betrachten. Zum Beispiel, ob es dem Erfolg auf dem Fussballplatz hilft, wenn das Land demokratische Strukturen hat. Nehmen wir dazu den Demokratie-Index, den die Zeitung «The Economist» jedes Jahr berechnen lässt. (Gut, der ist nicht gänzlich unumstritten – aber welcher Index ist das schon?)
Die 32 WM-Teilnehmer nach Demokratie-Index
Wir sehen – nicht richtig viel. Eine funktionierende Demokratie ist sicher kein Hinderungsgrund, wenn es darum geht, Qualität auf den Fussballplatz zu bringen. Unabdingbar scheint sie aber auch nicht zu sein.
2010 in Südafrika war ja sogar Nordkorea WM-Teilnehmer. Und damit jenes Land, das mit grossem Abstand auf Rang 167 und damit dem letzten Platz der weltweiten Demokratie-Rangliste steht. 2014 wird die sympathische, repräsentative Zarokratie Russland (Rang 122) ebenso vertreten sein wie der Gottesstaat Iran (Rang 158).
Aus den Top Ten der Rangliste haben es bloss drei Nationen nach Brasilien (selbst auf Rang 44) geschafft: Australien (6), die Schweiz (7 – was, nur sieben?) und Holland (10). Aber: Von 25 Nationen, die der «Economist» als «vollständige Demokratie» adelt, sind 12 dabei – also fast die Hälfte.
Und das ist nicht bloss den Europäern zu verdanken. Der asiatische Verband hat bei vier Plätzen an der WM gleich drei Demokratien am Start: Australien (gehört im Fussball zu Asien), Japan und Südkorea. Der Iran ist hier der heftige Ausreisser gegen unten. Und auch Amerika stellt von Süd nach Nord mit Uruguay, Costa Rica und den USA drei reine Demokratien.
Mit Blick nach unten darf festgestellt werden: Von weltweit 50 (fünfzig!) Nationen, die als «autoritäres Regime» betrachtet werden, sind bloss sechs dabei: die erwähnten Russland und Iran, dazu die Elfenbeinküste, Kamerun, Nigeria sowie Algerien.
Und damit auf zum nächsten Index: dem Human Development Index. Der misst den Wohlstand der Länder anhand von Bruttoinland-Einkommen pro Kopf, die Lebenserwartung und den Bildungsstand der Bevölkerung.
Die 32 WM-Teilnehmer nach Wohlstands-Index
Sollten sich bei Ihrer Ansicht ein paar Länder nicht einfärben, die sich für die WM qualifiziert haben, versuchen Sie, die Seite neu zu laden. Google scheint immer wieder ein paar Daten für sich behalten zu wollen.
Noch lustig, wie sich die Farben verändern, oder? Das höchst demokratische Uruguay zum Beispiel fällt von Platz 18 (Demokratie) auf Rang 51 (Wohlstand) zurück. Russland arbeitet sich von Dunkelorange (Wladimir Putin darf abstimmen) zu immerhin hellgrün (im Winter erfrieren meist nur die Obdachlosen und die betrunkenen Fluss-Schwimmer).
Auf die 32-WM-Teilnehmer heruntergebrochen stellen wir fest: Fast ein Drittel jener Nationen, denen der Human Development Index eine «hohe» oder gar «sehr hohe menschliche Entwicklung» attestiert, hat sich auch für die Fussball-WM qualifiziert. Es sind 27 von 94.
Von den 93 Ländern aber, denen eine «mittlere» bis «niedrige menschliche Entwicklung» nachgesagt wird, schaffen es noch etwas mehr als fünf Prozent an die WM: Honduras, Ghana, Kamerun, Nigeria und die Elfenbeinküste.
Das wiederum hat auch damit zu tun, dass sich unter den 93 Letztplatzierten im Index in erster Linie afrikanische, karibische und asiatische Staaten finden. Und diesen wiederum stehen an der Fussball-WM zusammengerechnet gleich viele Plätze zu wie den europäischen Vertretern: 13. Und die Europäer stehen im Index allesamt in der oberen Tabellenhälfte.
Trotzdem ist es auffällig, dass sich praktisch nur dort Staaten mit niedrigem Wohlstand für die WM qualifizieren können, wo die Konkurrenz in der Wohlstands-Rangliste ebenfalls weit unten zu finden ist. Wohlstand hilft also durchaus, wenn es darum geht, auf dem Fussballplatz Erfolge zu feiern.
Und ja: Natürlich hilft es auch, wenn Fussball in einem Land einen hohen Stellenwert hat. Aber das wussten Sie doch schon, bevor Sie diesen Beitrag gelesen haben, oder?
P. S. Während ich diesen Beitrag verfasst habe, erschien auf der Website der «NZZ» ein Artikel, der sich damit beschäftigt, ob Demokratie den Wohlstand fördert. Eher nein, meint die NZZ.