Harald Gämperle ist kein Trainer der lauten Töne. Bescheiden bleibt er auch nach seinem Sieg im ersten Spiel als Hauptverantwortlicher der Young Boys. Das 3:1 gegen Thun entlockt ihm keinen Jubel.
«Harry» Gämperles zentrale Aussage nach dem Match war eine, die man von ihm fast schon hatte erwarten können: «Ich muss meiner Mannschaft ein grosses Kompliment machen.» Der 47-jährige St. Galler leitete alles, was er für seinen ersten grossen Auftritt im Stade de Suisse an Lob empfing, unverzüglich nach unten in seiner Crew weiter.
Blickte man an der Medienkonferenz nach dem Spiel in die Gesichter der beiden Trainer, konnte man nicht herauslesen, ob nun Harald Gämperle oder sein Thuner Kontrahent Ciriaco Sforza gewonnen hatte. Sforza liess nichts von Enttäuschung erkennen, Gämperle andererseits nichts von Freude.
Den Augenblick des Triumphs, nach dem sich vielleicht manch einer hätte auf den Schultern tragen lassen, erlebte Gämperle mit der Bescheidenheit des Assistenztrainers, als der er bei YB vor dem Engagement des nun entlassenen Uli Forte angestellt worden war. Das 3:1 gegen Thun hin oder her – «ich mache mir keine Illusionen», sagte der Ostschweizer. «Es wird mir gar nichts ausmachen, wenn ich plötzlich wieder der Assistent bin.» Wie es mit ihm weitergeht, liegt in den nächsten Wochen allein an der Klubführung unter Präsident Werner Müller, den Geldgebern Andy und Hansueli Rihs sowie natürlich Sport- und Personalchef Fredy Bickel. Vielleicht kommen die Herren zur Ansicht, dass der loyale Korporal Gämperle zu Höherem taugt.
Es ist verfrüht, analysieren zu wollen, welcher Anteil am Sieg über Thun dem Interimstrainer zukommt. Ein Faktum war aber allemal, dass die Stadtberner, durch die Rote Karte gegen Guillaume Hoarau kurz vor der Pause dezimiert, in der zweiten Halbzeit dermassen solid und stilsicher auftraten, dass die Berner Oberländer ihre zahlenmässige Überlegenheit nicht nutzen konnten. Vielleicht waren es die ersten Spuren der fussballerischen Handschrift von Harald Gämperle.