Die Dessauer Meisterhaussiedlung ist nach rund 70 Jahren wieder komplett: Mit einem Festakt im Beisein des deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck wurden am Freitag zwei wiederaufgebaute Häuser der einstigen avantgardistischen Künstlerkolonie eröffnet.
Dies sei in der Geschichte der Kunst ein Ereignis von globaler Bedeutung, sagte Gauck. Die Botschaft des Bauhauses habe bis heute nichts von ihrer Relevanz verloren – das Schöne mitten in den Alltag, zu den ganz normalen Menschen bringen.
Die Idee des Bauhauses – «wir wollen das Neue» – stehe für Menschen, die sich bewusst einsetzten für eine bessere Zukunft, erklärte Gauck. Das Ziel des Bauhauses, möglichst allen Menschen, ohne Schichten und Einkommensunterschiede, Teilhabe am Schönen zu ermöglichen, sei eine eminent politische Zielsetzung.
Die Meisterhaussiedlung besteht nun wieder aus drei Doppelhäusern und einem frei stehenden Haus. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges waren das Haus von Bauhaus-Gründer Walter Gropius und die Doppelhaushälfte des Bauhäuslers László Moholy-Nagy zerbombt worden.
«Wenn wir heute die Meisterhaussiedlung Dessau wiedereröffnen, dann vergessen wir nicht, dass aus Deutschland auch der Ungeist kam, der viele Bauhausvertreter verfolgte und vertrieb und der schliesslich einen Krieg entfesselte», sagte Gauck. Namen der Bauhäusler seien auch Namen von Verfolgten, Verfemten und ins Exil Getriebenen.
Neue Interpretation
Zum Festakt waren auch Bauhaus-Erben gekommen, etwa Hattula Moholy-Nagy, Tochter des Bauhauslehrers und Peter Gropius, Neffe des Gründers der Architektur- und Designschmiede.
«Es ist wirklich sehr schön», sagte die in den USA lebende Moholy-Nagy über den Neubau des Hauses ihres Vaters. Das Bauhaus sei ein Teil der Kulturgeschichte, sein Geist immer noch präsent.
Nach jahrelanger Diskussion um den Wiederaufbau wurden die beiden Wohn- und Ateliergebäude anhand historischer Vorlagen mit modernen architektonischen und künstlerischen Elementen gebaut.
Laut Stiftung Bauhaus Dessau sind die Häuser keine Rekonstruktion der Originale. Es ging gemäss der Stiftung darum, das Einzigartige substanziell zu erhalten, aber auch neu zu interpretieren.
Grosses Jubiläum 2019
Geplant seien etwa Ausstellungen und Schülerprojekte, um das Bauhauserbe zu vermitteln. Die beiden neuen Meisterhäuser wurden nach einem zweiten internationalen Architektenwettbewerb vom Berliner Büro Bruno Fioretti Marquez in knapp vier Jahren errichtet.
Rund 4,2 Millionen wurden investiert. Nach 1990 waren in der Meisterhaussiedlung die beiden nicht zerstörten Doppelhäuser und eine Doppelhaushälfte saniert und rekonstruiert worden. Die Meisterhaussiedlung und das Bauhaus gehören seit 1996 zum UNESCO-Welterbe. 2019 wird das Bauhaus 100 Jahre alt.