Aus Jazz macht sich Ernst Mutschler nicht sonderlich viel. Als er vor 30 Jahren den ersten Bebbi-Jazz organisierte, hatte er zu Hause gerade mal eine Handvoll Schallplatten stehen. Über die Jahre ist die Jazz-Veranstaltung stetig gewachsen und mit ihm auch Mutschlers Begeisterung für die unterschiedlichen Stilrichtungen. Zum Jazz-Fanatiker hat ihn das aber nicht gemacht.
«Meine Leidenschaft gilt nach wie vor dem Organisieren», sagt der 71-Jährige. Alle paar Minuten klingelt eines seiner Telefone. Auf dem Pult stapeln sich Plakate und frisch bedruckte T-Shirts. Die Dankesbriefe bringt Mutschler mit seinem Festivalfahrrad persönlich bei Sponsoren und Beizern vorbei.
Keine Spur von Altersmüdigkeit
Telefone abnehmen, in die Pedale treten, Interviews geben – nach 30 Jahren macht er all das zum letzten Mal. Darüber denke er nicht nach, sagt Mutschler. Es gebe allzu viel zu tun. Doch die Arbeit täuscht nicht über den kommenden Abschied hinweg. «Das wird kein gewöhnlicher Abend, das spüre ich.» Mutschler hat sich nach drei Jahrzehnten entschlossen, zu gehen. Die diesjährige Jubiläumsausgabe des Bebbi-Jazz ist zugleich auch seine Derniere. Seiner Frau habe er den Rücktritt bereits für das 20-Jahr-Jubiläum angekündigt. «Wenn ich jetzt nicht gehe, dann ist meine Glaubwürdigkeit in Gefahr.»
Dabei wären auch seine 71 Jahre Grund genug, ein wenig kürzerzutreten. Doch Altersmüdigkeit lässt er sich nicht anmerken. Mutschler scherzt, bringt Kaffee, verschenkt T-Shirts und posiert für die Kamera. Er steht gerne im Mittelpunkt der Gesellschaft. Und so verabschiedet er sich vorerst auch nicht ganz von der öffentlichen Bühne. Unter anderem vertritt er weiterhin die FDP im Grossen Rat.
An seinem letzten Bebbi-Jazz will er noch einmal ausgiebig über das Festivalgelände wandern und die Eindrücke wirken lassen. «Das sind 30 Jahre Herzblut. Das will ich noch einmal ausleben.» Noch einmal Hände schütteln, noch einmal mit den Musikern ein-ige Worte wechseln, sich durch die Masse treiben lassen. Und dann? Erste Anfragen für neue Mandate musste er bereits absagen. Mutschler freut sich darauf, mehr Zeit haben, um zu reisen. «Und ein bisschen mehr zu Hause sein, das sollte auch noch ein Ziel sein.»
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 16.08.13