Essen teilen anstatt wegschmeissen – klingt sinnvoll. In der Schweiz ist das sogenannte Foodsharing aber nicht sehr populär. Nur wenige Städte machen mit.
Die Ferien stehen vor der Tür, der Kühlschrank ist aber noch rammelvoll. Vielleicht bei der Nachbarin klingeln und fragen, ob sie das frische Gemüse möchte? Oder doch lieber einen Essenskorb im Internet auf myfoodsharing anbieten?
Die Idee von Foodsharing stammt unter anderem vom Journalisten und Dokumentarfilmer Valentin Thurn. In seinem Film «Taste the Waste» zeichnet Thurn das Bild einer Überflussgesellschaft, in der Supermärkte täglich noch geniessbare Artikel einfach entsorgen.
Rund zwei Millionen Tonnen produzierte Lebensmittel gehen in der Schweiz jährlich auf dem Produktionsweg verloren und landen somit nicht auf dem Teller. Die Hälfte dieser Lebensmittelverluste sind auf Grossverteiler und Haushalte zurückzuführen. Und genau hier setzt die Plattform an.
Auf myfoodsharing können sich Privatpersonen und Unternehmen anmelden und entweder einen sogenannten Essenskorb anbieten oder bei einem anderen Mitglied einen Korb reservieren. Die Körbe enthalten Lebensmittel, die man nicht mehr braucht und verschenken möchte. In Deutschland wurde die Plattform im Dezember 2012 gestartet, seither haben mehr als 49’000 Nutzer 42 Tonnen Lebensmittel vor dem Mülleimer gerettet.
Foodsharing im grossen Stil
Im September 2013 haben das Kosumentenforum (kf) und der Verein Foodwaste einen Schweizer Ableger lanciert. Aber leider laufe es nicht wie geplant, sagt Michel Rudin, Geschäftsführer des kf. Bisher teilten die 1216 Nutzer lediglich 441 Kilo Lebensmittel. Ein Kilowert, der im Vergleich zu Deutschland sehr bescheiden ist.
Die TagesWoche versucht im Selbsttest eine Packung Denner Spaghetti auf myfoodsharing zu ergattern – ohne Erfolg.
Michel Rudin erklärt, dass die Konsumenten erst auf das Thema der Lebensmittelverschwendung sensibilisiert werden müssen. «In ländlichen Gebieten ist es normal, dass man die überschüssigen Äpfel dem Nachbarn vorbeibringt und somit teilt», sagt Rudin. Die Foodsharing-Plattform richtet sich deshalb in erster Linie an Städter. Bei dem urbanen Publikum sei eher ein Bewusstsein für die Verschwendung von Essen vorhanden.
Neben dem Food Sharing zwischen einzelnen Personen seien vor allem auch grössere Lebensmittelabnahmen wichtig, erklärt João Almeida – Ökonom und Projektleiter bei Foodwaste. Beispielsweise wenn im Rheinhafen in Basel 100 Kilo Bananen geholt werden, um an die Schweizer Tafel weiterzugeben. Diese Grossabnahmen würden aber nicht online publik gemacht.
Zu reich zum Teilen
Die Schweiz sei reicher als Deutschland, Lebensmittel einzukaufen, schlage deshalb viel weniger aufs Budget, sagt Almeida. Die Leute in der Schweiz machen Foodsharing aus ethischen Gründen und nicht aus finanziellen. «Selbst das Budget bei Schweizer Studentinnen und Studenten ist so gross, dass sie Foodsharing nicht nötig haben», stellt der Ökonom fest. «Wir werfen Lebensmittel weg, weil wir es uns leisten können», sagt Almeida.
«Wir werfen Lebensmittel weg, weil wir es uns leisten können.»
Almeida ist überzeugt, dass eine Plattform für Treibstoffe erfolgreicher wäre. «Bei Benzin beispielsweise ist die wahrgenommene Knappheit viel grösser», sagt der Ökonom. Lebensmittel kommen in der Schweiz aber in rauhen Mengen vor und ein sparsamer Umgang scheint leider nutzlos.
Auch für das WWF ist die Verschwendung von Lebensmitteln aktuell. Die Organisation hat eine Petition lanciert, damit die Lebensmittelverluste reduziert werden. Lösungen wie die Foodsharing-Plattform sind also mehr als willkommen.