Nach den Befürwortern der Bündner Kandidatur für Olympische Winterspiele 2022 haben sich am Mittwoch die Gegner an die Öffentlichkeit gewandt. Den Promotoren der Spiele werfen sie Etikettenschwindel, Schönfärberei und leere Versprechungen vor.
Organisiert haben sich die Gegner im Komitee Olympiakritisches Graubünden. Von den Kantonalparteien mit dabei sind die SP, die Grünen und die JUSO, sowie die Bündner Sektionen von WWF, Pro Natura und VCS. Sie kämpfen für eine Ablehnung der Spiele am 3. März an den Urnen, wenn Volksabstimmungen auf kantonaler Ebene sowie in St. Moritz und Davos anstehen.
Für die Gegner ist klar: Werden 2022 in St. Moritz und Davos die Olympischen Winterspiele ausgetragen, bleiben bloss Schulden und Umweltschäden zurück. An die versprochenen „nachhaltigen Spiele“ glauben die Kritiker nicht, wie sie bei der Lancierung ihrer Nein-Kampagne am Mittwoch in Chur ausführten.
Mehr Wettbewerbe, mehr Sportler, mehr Funktionäre und mehr Zuschauer – das sei die Richtung, in die sich die Olympischen Winterspiele entwickelten, sagte Bruno Walder, Geschäftsführer der Internationalen Alpenschutzkommission CIPRA. „Wenn man das als nachhaltig bezeichnet, ist das Etikettenschwindel“, erklärte er.
Unglaubwürdiges Bekenntnis zur Nachhaltigkeit
Die von den Promotoren letzte Woche vorgestellte Nachhaltigkeits-Charta ist für Walder mehr Marketing-Idee als glaubwürdige Absicht. Quantifizierte Wirkungsziele fehlten in der Absichtserklärung gänzlich. „Wenn man von nachhaltigen Spielen spricht, soll man den Machbarkeitsbeweis antreten, bevor hunderte Millionen Franken gesprochen werden“, forderte Walder.
Auch das zweite grosse Versprechen der Olympia-Promotoren, Graubünden, St. Moritz und Davos trügen nur ein kleines finanzielles Risiko, lässt das Gegner-Komitee so nicht stehen.
„Wenn es Defizite gibt, zahlt zwangsläufig die öffentliche Hand: der Bund, der Kanton und allenfalls die Gemeinden“, sagte Silva Semadeni, Bündner SP-Nationalrätin und Präsidentin des Komitees Olympiakritisches Graubünden. Daran sei nicht zu rütteln.
Und Defizite seien bei Olympiaden die Regel – auch dort, wo man sich bemüht habe, seriös zu planen und realistische Budgets aufzustellen. Im kanadischen Vancouver etwa seien vor zwei Jahren die Sicherheitskosten fünfmal höher gewesen als geplant.
Selbst die glorifizierten Winterspiele 1948 in St. Moritz hätten mit einem Defizit abgeschlossen und den Nobelkurort für fünf Jahre unter die Vormundschaft des Kantons gezwungen, sagte Semadeni weiter.
Hallensportarten in die Städte
Schliesslich findet das Bündner Grundkonzept der „weissen Spiele in den Bergen“ keine Gnade bei den Gegnern. „Die Austragungsorte waren in den letzten Jahren nicht ohne Grund Städte“, sagte Semadeni. Stadien für die Indoor-Wettbewerbe, ausreichende Beherbergungskapazitäten und technische Infrastrukturen seien in Metropolen weitgehend vorhanden.
Alle Wettkämpfe im Engadin und in Davos konzentrieren zu wollen und für eine Milliarde Franken temporäre Bauten zu erstellen, sei nicht sinnvoll. Graubünden setzte sich damit einem riskanten Abenteuer aus.