Seit Wochen läuft gegen den grünen Aargauer Nationalrat Geri Müller, der heute knapp zum Stadtammann von Baden AG gewählt wurde, eine Medien-Kampagne, in der ihm Antisemitismus vorgeworfen wird. Jetzt enthüllt die «SonntagsZeitung», dass dahinter auch Geheimdienste stecken.
«Eine regierungsnahe israelische Organisation» steuere im Hintergrund die Medienkampagne, die seit Wochen gegen den grünen Aargauer Nationalrat und frisch gewählten Stadtammann von Baden, Geri Müller vorab in der «Aargauer Zeitung» und in der «Basler Zeitung» läuft – aber auch in der «WochenZeitung (WoZ)». Dies berichtet heute die «SonntagsZeitung» (Artikel online nicht verfügbar).
Bei dieser Organisation seien «die Fäden der Operation zusammengelaufen». Die Organisation habe schon seit Dezember 2011 auch einen Privatdetektiv (welcher der SonntagsZeitung namentlich bekannt sei) auf Müller angesetzt, der den Schweizer Politiker überwachen –und insbesondere seine Kontakte zu Palästina und Palästinensern ausspionieren sollte.
Zudem habe «ein Mann um die 50» schon im letzten Dezember Reportern der «SonntagsZeitung» klandestin «in einem Einkaufszentrum» ein neunseitiges Papier gegen Müller übergeben, in dem dieser der «Beziehungen zu islamistisch-terroristischen Gruppierungen» bezichtigt werde.
Falsche Anschuldigungen und Verdächtigungen
Doch die Angaben in dem Papier, das laut «SonntagsZeitung» «den Eindruck erweckt, als seien darin nachrichtendienstliche Erkenntnisse verarbeitet», erwiesen sich teils als falsch. So wurde in dem Papier mitunter behauptet, Müllers Grossvater sei aktives Mitglied der NSDAP gewesen. Müller bezeichnet dies als unhaltbar. Der in Baden allerseits geschätzte grüne Politiker will den «unerhörten Vorgang» jetzt untersuchen lassen.
Die «SonntagsZeitung» hat die Sache im Dezember nicht weiter verfolgt. Doch am 14. Februar, drei Wochen vor der Stichwahl für das Badener Stadtpräsidium zwischen Müller und einem Freisinnigen erschien plötzlich in der «Aargauer Zeitung» ein grosser Artikel unter dem Titel «Geri Müller, die Hamas und die Juden». Zentrale Aussage war dabei ein anonymes Zitat von einem Mann aus der Israelitischen Kultusgemeinde Baden, der die Wählerschaft warnte: «Wird Geri Müller Stadtammann, droht Baden zu einem Anziehungspunkt für Islamisten und Antisemiten zu werden.»
Abschreiben statt aufklären
Auch der «TagesAnzeiger» und die NZZ nahmen nun die Story auf. In der «BaslerZeitung» wurde die Kampagne flugs auf einen breiten Rundumschlag gegen die Grünen ausgedehnt (online nicht verfügbar), denen in indirekter Beweisführung Antisemitismus unterstellt wurde. Und sogar die sonst kritische WoZ warf Müller auf einer ganzen Seite vor, er stelle sich «unreflektiert an die Seite von Antisemiten». Das sei «bedenklich».
Die Argumentation lief in der genzen Kampagne dabei stets nach dem Muster: Müller engagiert sich politisch für Menschenrechte und Gerechtigkeit im israelisch besetzten Palästina. Er kritisiert die Besatzungsmacht Israel, den Judenstaat. Und darum ist er indirekt halt doch ein Antisemit.
Die WoZ fragte im Untertitel: «Ist es nur eine Wahlkampagne, oder steckt mehr dahinter?» Dass sogar Geheimdienste und Privatdetektive hinter der Kampagne steckten, fand das linke Blatt dann aber nicht heraus: Aufgeklärt und Hintergründe ausgeleuchtet hat jetzt erst die «SonntagsZeitung».