Im Kanton Tessin wird es keine Steuererleichterungen geben. Die Stimmbürger haben sich am Sonntag mit 54’871 Nein zu 29’386 Ja gegen eine entsprechende Initiative der Lega dei Ticinesi ausgesprochen.
Die Tessiner folgten mit ihrem Nein zu Steuererleichterungen der Haltung fast aller Parteien. Schon im Grossen Rat erlitt die Volksinitiative der Lega im Dezember Schiffbruch, als FDP, CVP, SP, Grüne und SVP sie in ungewohnter Übereinstimmung versenkten.
Der Kanton und die Gemeinden könnten sich eine solche Steuerreform nicht leisten, lautete die einhellige Meinung. Nach Berechnungen der Lega hätte die Initiative den Kanton mit 115 Millionen Franken belastet. Der Regierungsrat sprach dagegen von insgesamt 341 Millionen Franken Verlust für Kanton und Gemeinden.
Die Lega wollte sowohl Privatleute als auch Firmen von ihrer Volksinitiative aus dem Jahr 2011 profitieren lassen. Wenn die Tessiner mehr Geld in der Tasche hätten, könnten sie die Wirtschaft ankurbeln, lautete die Begründung.
Vorgesehen war unter anderem, natürlichen Personen den Einkommenssteuersatz zu senken und den Steuerfreibetrag zu erhöhen. Juristische Personen hätten mit einem niedrigeren Gewinnsteuersatz ins Tessin gelockt werden sollen.
Vollbeschäftigung in Erwachsenenschutzbehörde
Ferner entschieden die Tessiner Stimmbürger mit 45’785 zu 34’749, dass die Präsidenten der neuen Erwachsenenschutzbehörde – früher Vormundschaftsbehörde – in Zukunft zu mindestens 80 Prozent beschäftigt werden.
Der Beschäftigungsgrad der Präsidenten liegt in den Gemeinden bisher im Durchschnitt bei 30 Prozent. Nur Locarno und Lugano kennen eine Vollbeschäftigung des Amtes. Die Aufstockung des Pensums steht im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Erwachsenenschutzrechts auf eidgenössischer Ebene zu Jahresbeginn.
Ein Ziel der neuen Regelung ist die Professionalisierung der Behörden. Über die Vorlage wurde abgestimmt, weil 68 Gemeinden im Tessin das Referendum gegen den entsprechenden Beschluss im Grossen Rat ergriffen.
Sie kritisierten nicht nur den zu erwartenden Anstieg der Personalkosten. Befürchtet wurde auch, dass zahlreiche erfahrene Kommissionspräsidenten ihre Aufgabe nicht mehr mit ihrem Hauptberuf oder der Familie vereinbaren könnten.
Die Abstimmungsbeteiligung im Tessin betrug beim Thema Steuererleichterungen 40,41 Prozent, beim Erwachsenenschutzrecht 40,38 Prozent.