Die Gemeindeversammlung soll im Kanton Aargau weiterhin über Einbürgerungsgesuche entscheiden. An diesem Grundsatz hält der Regierungsrat ohne Begeisterung fest. Der Vorschlag, die Kompetenz an den Gemeinderat zu verschieben, war bei Parteien auf Opposition gestossen.
„Es wäre der sachlich richtige Weg, den Entscheid dem Gemeinderat zuzuweisen“, sagte Regierungsrat Urs Hofmann (SP) am Donnerstag vor den Medien in Aarau. Die Gemeindeversammlung oder der Einwohnerrat (Stadtparlament) seien schlechter geeignet, über die Gesuche zu entscheiden.
Es sei jedoch falsch, die wichtige Revision des Gesetzes über das Kantons- und Gemeindebürgerrecht an der „untergeordneten Zuständigkeitsfrage“ scheitern zu lassen, hielt der Vorsteher des Departementes Volkswirtschaft und Inneres fest.
Anfang Jahr hatte Hofmann vorgeschlagen, dass neu der Gemeinderat anstatt die Gemeindeversammlung das Bürgerrecht vergeben soll. Die bürgerlichen Parteien lehnten dies ab. Die CVP lancierte sogar eine Volksinitiative, um die Verschiebung der Kompetenz zu verhindern.
Kompetenz an Gemeinderat verschieben
Trotz des Rückziehers will der Regierungsrat den Gemeinden und Städten die Möglichkeit geben, die Exekutive für zuständig zu erklären. Über die notwendige Änderung der Gemeindeordnung müsste das Volk entscheiden.
Die Gemeindeversammlung wird ein Gesuch nur mit einer Begründung wie „mangelnde Sprachkenntnisse“ zurückweisen können. Nach einem Entscheid des Bundesgerichtes von 2003 sind Einbürgerungen keine politischen Beschlüsse, sondern Verwaltungsakte.
Das Mitwirkungsrecht der Bevölkerung soll jedoch in jedem Fall erhalten bleiben. So schlägt der Regierungsrat vor, dass die Gesuche zu Beginn des Einbürgerungsverfahrens wie vor 30 Jahren wieder veröffentlicht werden. Die Stimmbürger könnten dann rechtzeitig Eingaben machen und Bedenken äussern.
Gleiche Spielregeln im Kanton
Mit dem neuen Gesetz, das 2014 in Kraft treten soll, will der Aargau eine kantonal einheitliche Regelung schaffen. „Die Einbürgerungen sollen fair, transparent, rechtsstaatlich korrekt und innert einer angemessenen Frist ablaufen“, sagte Regierungsrat Hofmann.
Ein Gesuchssteller soll am Schluss des Einbürgerungsgespräches eigenhändig eine Erklärung zur „Achtung der Werte der Verfassung“ unterzeichnen. Er soll zudem Basistests in Sprache und Wissen über die Schweiz machen müssen. Die Gemeinden können diese Tests derzeit freiwillig anwenden und Erfahrungen sammeln.
Prüfung in den Gemeinden
Mit den obligatorischen Prüfungen könnten zusätzlich zwei wichtige Integrationskriterien objektiv geprüft werden, sagte Georges Collin, Gemeindeammann von Eiken und Mitglied der Projektorganisation für die Gesetzesrevision.
Wenn ein Gemeinderat, unterstützt von der Verwaltung, die Erhebung sorgfältig mache, sei der Ermessungsspielraum für die Gemeindeversammlung jedoch „äusserst klein“.
„Von daher ist es demokratiepolitisch problematisch, wenn ein Entscheid der Gemeindeversammlung vorgelegt wird und diese eigentlich nur noch den Antrag absegnen kann“, hielt Collin fest. Er habe jedoch Verständnis dafür, dass der Regierungsrat die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung nicht generell ausschliessen wolle.