Die Terrormiliz des Islamischen Staats (IS) hat die Welt nach Auffassung des Internationalen Instituts für Strategische Studien in ein geopolitisches Dilemma gestürzt. Die von den USA geschmiedete internationale Allianz reiche nicht aus, um den IS in die Knie zu zwingen.
«Wer übernimmt den Bodenkampf und wie wird er gemanagt? Diese Frage ist noch immer unbeantwortet», sagte IISS-Chef John Chipman bei der Vorstellung des jährlichen Strategischen Überblicks seines Instituts am Donnerstag in London.
Viele in der Region hätten Vorbehalte gegen eine US-geführte Aktion. Viele Sunniten sähen den IS inzwischen als kleineres Übel oder als eine Alternative im Vergleich zu den repressiven Regimen von Baschar al-Assad in Syrien und dem früheren irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki.
Der IS kontrolliere bedeutende Gebiete und habe militärisch aufgerüstet. Er sei in der Lage, seine militärischen Aktionen durch den Schmuggel von Öl und Plünderungen zu finanzieren.
Keine weltweite Bedrohung
Mittel- und langfristig stuft das IISS den Islamischen Staat trotz seiner Gewaltbereitschaft aber nicht als weltweite, sondern eher als eine regionale oder höchstens transnationale Bedrohung ein. Allerdings könnten radikalisierte Kämpfer aus dem Westen bei ihrer Rückkehr in ihre Heimatländer eine Gefahr darstellen.
Chipman erklärte, viele Golfstaaten und auch die Türkei hätten schwere Fehler begangen, als sie radikalisierte Dschihadisten Reisefreiheit nach Syrien und in den Irak gewährt hätten.
Bedrohlichste Situation seit Kaltem Krieg
In Europa bezeichnete Chipmann die Situation in der Ukraine als die bedrohlichste seit dem Kalten Krieg. «Das war proportional der grösste Schock für die bestehende Sicherheitsordnung», sagte Chipman. «Der russisch-ukrainische Konflikt ist zu einem politischen und diplomatischen Tornado geworden, der die Basis der Situation nach dem Kalten Krieg bedroht.»
In Asien müssten die schwelenden Konflikte zwischen Japan und China aber auch zwischen Indien und Pakistan gelöst werden. Nordkorea bleibe auch weiterhin ein Provokateur in der Region.
Geopolitische Risiken seien zunehmend auch zur Schlüssel-Frage für die Wirtschaft geworden. 57 Prozent der international agierenden Unternehmen zählten solche Fragen inzwischen zu ihren grundsätzlichen Herausforderungen, sagte Chipman.