Nach den Wirtschaftsverbänden haben sich nun auch die Gewerkschaften vereint gegen die SVP-Zuwanderungsinitiative ausgesprochen. Der Tenor lautete, dass der Wechsel von der Personenfreizügigkeit zu Kontingenten den Interessen der Arbeitnehmer zuwider laufen würde.
Denn mit der Personenfreizügigkeit, welche die SVP neu verhandeln will, fielen auch die flankierenden Massnahmen weg. Dies sagte Vania Alleva, Co-Präsidentin der Gewerkschaft Unia, am Dienstag vor den Medien in Bern laut Redetext. «Die Folgen wären mehr Lohndumping und Schwarzarbeit.»
Die Initianten wollten die flankierenden Schutzmassnahmen aushebeln, die vielen Arbeitgebern schon immer ein Dorn im Auge gewesen seien, sagte Alleva. Dies sei denn auch das primäre Ziel der Initiative und nicht etwa, die Zuwanderung von Arbeitskräften zu begrenzen oder den Druck auf die Löhne zu verkleinern.
Zwar sei das Problem der Dumpinglöhne auch mit den existierenden flankierenden Massnahmen vorhanden, hiess es vonseiten der Arbeitnehmer-Organisationen. Fehlbaren Arbeitgebern könne aber nur mit einem Ausbau der Schutzmassnahmen, häufigeren Kontrollen und schärferen Bussen begegnet werden.
Kein taugliches Mittel
Die Gewerkschaften wiederholten am Dienstag zudem das auch vom Bundesrat geäusserte Argument, dass die von den Initianten geforderten Kontingente kein taugliches Mittel seien, um die Zuwanderung zu beschränken.
Auch mit Kontingenten habe die Wirtschaft immer dafür gesorgt, dass der Bundesrat die Kontingente bewilligte, die gerade nötig gewesen seien, sagte Travail.Suisse-Präsident Martin Flügel gemäss Redetext.
Für Vania Alleva wäre eine Rückkehr zu Kontingenten nicht nur unnötig, sondern auch diskriminierend und unmenschlich. Die SVP wolle zurück zu einem System, in dem die eingewanderten Arbeitskräfte eine rechtlose Manövriermasse und Menschen zweiter Klasse wären. Alleva verglich das Kontingentssystem vor den Medien gar mit der Apartheid in Südafrika.
Rechsteiner
kritisiert Schweizer-Vorrang
SGB-Präsident Paul Rechsteiner kritisierte vor allem den Passus im Initiativtext, der den «Schweizerinnen und Schweizern» einen Vorrang einräumt. Damit gingen die Initianten noch weiter als die Regelung vor dem Inkrafttreten der Bilateralen, als die Schweizer Einwanderungspolitik einen so genannten «Inländervorrang» gekannt habe, hiess es in Rechsteiners Redetext.
Für die in der Schweiz lebenden und erst recht für die hier geborenen Inländer mit ausländischem Pass bedeute dies nichts anderes als eine kollektive Entrechtung.
Neben dem Gewerkschaftsbund und den Gewerkschaften Unia, Travail.Suisse und Syna sprach sich am Dienstag auch der Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner gegen die Zuwanderungsinitiative aus.
In einigen Regionen stamme jede zweite Pflegefachperson aus dem Ausland, hiess es vonseiten des Verbandes. Konsequenterweise engagiere man sich für die Errungenschaft der Personenfreizügigkeit.
Gegner liegen vorne
Vor den Gewerkschaften hatten sich bereits die Wirtschaftsverbände sowie die übrigen bürgerlichen Parteien gegen die SVP-Initiative ausgesprochen, die am 9. Februar zur Abstimmung kommt. Aus der Sicht der Initianten überwiegen die Nachteile der Personenfreizügigkeit.
Eine Mehrheit der Bevölkerung teilt diese Meinung derzeit allerdings nicht, glaubt man der SRG-Trendumfrage von vergangener Woche. Demnach hätten zum Jahreswechsel 55 Prozent der Befragten ein Nein in die Urne gelegt, 37 Prozent ein Ja. 8 Prozent waren noch unentschlossen.