Die Gewerkschaften Unia, SEV und syndicom fordern Post und SBB zum wiederholten Male auf, nicht mit dem Fahrdienstvermittler Uber zusammenzuarbeiten. Sie haben vor den Hauptsitzen der bundesnahen Betriebe demonstriert und in acht Bahnhöfen Flugblätter verteilt.
SBB und Post machten sich mit ihrer Kooperation bei den Mobilitäts-Apps zu Mittätern beim Gesetzesbruch, teilten die Gewerkschaften am Dienstag in einem gemeinsamen Communiqué mit. Das Uber-Geschäftsmodell beruhe nämlich auf der Umgehung von Gesetzen. So erkenne der Konzern seine Angestellten nicht als solche an, obwohl die Suva und die Zürcher Sozialversicherungsanstalt Uber als Arbeitgeber einstufen.
Uber zahle keine Sozialversicherungsbeiträge für die Beschäftigten und verwehre ihnen sämtliche Arbeitnehmerrechte. Mit einem Konstrukt, das Fahrerinnen und Fahrer in die Scheinselbständigkeit treibe, umgehe Uber zudem die Zahlung der Mehrwertsteuer. Dass bundesnahe Betriebe mit ihren Apps Aufträge an den Fahrdienst vermittelten, sei «angesichts dieser Tatsachen skandalös», schreiben die Gewerkschaften.
«SBB und Post machen sich zu Komplizen des Gesetzesbruchs», wird Unia-Präsidentin Vania Alleva in der Mitteilung zitiert. Mit dem Uber-Modell würden Staat, Angestellte und die Kundschaft gleichermassen betrogen.
An der symbolischen Aktion in Bern beteiligten sich laut den Gewerkschaften rund achtzig Personen, darunter viele Taxichauffeure.
Uber wehrt sich
Uber bezeichnet die Vorwürfe der Gewerkschaften als «nicht mehr tragbar», wie das Unternehmen auf Anfrage mitteilte. Es würden bewusst Informationen weggelassen, um gegen Uber Stimmung zu machen.
So arbeiteten die grössten Schweizer Taxizentralen genauso wie Uber nur mit selbständigen Fahrern zusammen. Für die Sozialversicherungsbeiträge kämen die selbständigen Fahrer seit je selbst auf.
Diese Taxizentralen seien ebenfalls in verschiedene Mobilitäts-Apps integriert. «Hier messen die Gewerkschaften bewusst mit zweierlei Mass.»
«Legales Angebot»
Die SBB plant die Einbindung von Taxi-Diensten in ihre Reiseplaner-App im ersten Semester 2017. Einen genauen Termin für die Integration von Uber stehe noch nicht fest, sagte eine SBB-Sprecherin auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Die Bundesbahnen nähmen die Anliegen der Gewerkschaften ernst. «Die SBB arbeitet nur mit Unternehmen zusammen, welche die Gesetze einhalten.» Sollte sich herausstellen, dass SBB-Partner Gesetze verletzten, werde die Geschäftsbeziehung unverzüglich beendet.
Bei der Post ist die Zusammenarbeit mit Uber über die bestehende Mobilitäts-App «NordwestMobil» bereits angelaufen. Die App ist ein Pilotprojekt im Grossraum Basel, das im Oktober 2016 startete und noch bis im Herbst 2017 dauert. Über den Routenplaner können verschiedenste Verkehrsmittel miteinander kombiniert werden. Neben Postauto, Bus, Zug, Tram, Schiff und Velo ist unter anderem auch das Angebot von Uber buchbar.
Das wird sich auch nach den Protestaktionen der Gewerkschaften nicht ändern. Solange es gegen Uber keine rechtskräftigen Verbote gebe, betrachte die Post den Fahrdienst als legales Angebot und sehe keine Veranlassung, während der Pilotphase darauf zu verzichten, heisst es in einer schriftlichen Stellungnahme. Man beobachte die Situation genau.
Bundesrat mischt sich nicht ein
Uber ist in der Schweiz in den Städten Basel, Genf, Lausanne und Zürich tätig. Auch die Politik befasst sich mit der Zusammenarbeit zwischen den bundesnahen Betrieben und dem US-amerikanischen Unternehmen.
Auf kritische Fragen in der Fragestunde des Nationalrats antwortete der Bundesrat im März, er nehme grundsätzlich keinen Einfluss und keine Stellung auf die operative Tätigkeit der SBB und der Post. Beim Betreiben von Mobilitätsplattformen handle es sich um operative Geschäfte im Zuständigkeitsbereich der Unternehmensleitungen.
Die SBB und die Post müssten sich wie andere Unternehmen den veränderten Anforderungen und Bedürfnissen der heutigen Gesellschaft anpassen können. Das Bewahren des guten Ansehens liege im Interesse der beiden Unternehmen.
Parlament macht Vorschläge
Der Bundesrat teilt aber die Ansicht einer Mehrheit des Parlaments, wonach bei den Fahrdiensten die bestehenden Rahmenbedingungen überprüft werden müssen. Er hat sich ausserdem bereiterklärt, die Vorschriften betreffend das Mitführen von fremden Personen in Fahrzeugen aufgrund von neuen Angeboten zu überprüfen. Eine Arbeitsgruppe ist laut Verkehrsministerin Doris Leuthard bereits an der Arbeit.
Das Parlament hat ausserdem Vorstösse überwiesen, welche die strengen Vorschriften für Taxi-Unternehmen lockern wollen. Uber und andere Fahrdienste sollen damit gegenüber herkömmlichen Taxis nicht mehr im Vorteil sein.
Für berufsmässige Personentransporte in Personenwagen soll künftig nur noch das Strassenverkehrsgesetz und das Arbeitsgesetz gelten. Die Fahrtenschreiberpflicht oder spezielle Arbeitszeitregelungen sollen aufgehoben werden.