Wer Vollzeit arbeitet, soll davon auch leben können – dies verlangen Gewerkschaften und die SP. Über die Einführung eines Mindestlohnes soll das Stimmvolk entscheiden. Für das entsprechende Volksbegehren sind am Montag 110’000 Unterschriften eingereicht worden.
Die Initiative verlangt, dass jeder Arbeitnehmer mindestens 22 Franken pro Stunde verdient. Dies entspräche einem Monatslohn von rund 4000 Franken. Erreicht werden soll dieses Ziel, indem Bund und Kantone die Aushandlung von Gesamtarbeitsverträgen (GAV) fördern, die einen gesetzlich vorgegebenen Mindestlohn garantieren.
Die Initianten zeigten sich bei der Einreichung der Unterschriften bei der Bundeskanzlei zufrieden mit dem erreichten Zwischenziel. Die Unterschriftensammlung sei „ziemlich locker“ verlaufen, sagte Ewald Ackermann, Sprecher des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) zur Nachrichtenagentur sda.
Ackermann sprach von einer „breiten Akzeptanz“ über das linke Parteispektrum hinaus. „Es handelt sich um eine einfache Thematik, denn es ist eine Frage der Fairness“.
Lohnschere weiter geöffnet
Gewerkschaften und Linke beanstanden insbesondere, der Druck auf die Löhne habe in den letzten Jahren immer mehr zugenommen, während die Lebenskosten stiegen. Rund 400’000 Vollzeitbeschäftigte in der Schweiz verdienen gemäss den Arbeitnehmerverbänden weniger als 4000 Franken im Monat.
„Demgegenüber waren die letzten 10, 15 Jahre von einer Explosion der hohen und höchsten Löhne geprägt“, sagte SGB-Präsident und SP-Ständerat Paul Rechsteiner. „Dies ist eine skandalöse Realität. Mindestlöhne sind das beste Mittel, um mit dieser Ungerechtigkeit Schluss zu machen.“
Der gesetzlich vorgegebene Mindestlohn, wie ihn das Volksbegehren verlangt, solle aber nur dort gelten, „wo es keine anständigen Gesamtarbeitsverträge gibt“, weil in der Branche keinen Arbeitsgeberverband gibt oder weil dieser sich weigert, einen GAV zu unterschreiben.
Gemäss den Gewerkschaften sind nur 40 Prozent aller Angestellten einem GAV unterstellt. Vor allem im Verkauf, in der Industrie, in der Haus- und Landwirtschaft seien die Löhne nicht geschützt.
Frauen häufiger betroffen
Rund drei Viertel der 400’000 Arbeitnehmer mit Tieflohn sind Frauen. „Frauen verdienen – trotz der in der Verfassung verankerten Gleichstellung – immer noch 20 Prozent weniger als Männer“, sagte Katharina Prelicz-Huber, Präsidentin des Verbandes des Personals öffentlicher Dienste (vpod).