Nach monatelangem Wahlchaos in Afghanistan wird am Montag Aschraf Ghani als neuer Präsident des Landes vereidigt. Ghani folgt Hamid Karsai nach, der Afghanistan seit dem Sturz des radikalislamischen Taliban-Regimes vor fast 13 Jahren regiert hat.
Es ist der erste demokratische Machtwechsel in der Geschichte des Landes. Die Taliban haben angekündigt, ihren Kampf auch gegen die neue Regierung fortzuführen.
Der frühere Finanzminister und Weltbank-Experte Ghani hatte sich in einer Stichwahl Mitte Juni gegen Ex-Aussenminister Abdullah Abdullah durchgesetzt. Der 65-jährige Ghani erhielt bei der von Betrug überschatteten Wahl 55,27 Prozent der Stimmen.
Ghani und Abdullah hatten sich unter US-Vermittlung auf eine Einheitsregierung geeinigt, in der der Wahlsieger das Amt des Präsidenten bekommt. Ghani wird als Präsident Staats- und Regierungschef des Landes. Abdullah erhält den Posten eines «Geschäftsführers» der Regierung.
Nach der Vereinbarung soll eine Grosse Ratsversammlung (Loja Dschirga) innerhalb von zwei Jahren die Verfassung ändern und das Amt des Ministerpräsidenten schaffen. Diese Funktion soll Abdullah dann übernehmen.
Immunität für ausländische Soldaten
Das Wahlergebnis hatte sich wegen der Betrugsvorwürfe um Wochen verzögert. Die NATO wartete mit zunehmender Ungeduld auf den Amtswechsel in Kabul. Der NATO-Kampfeinsatz in Afghanistan läuft zum Jahresende aus.
Der geplante kleinere Folge-Einsatz zur Unterstützung und Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte hängt ohne die Unterschrift des neuen Präsidenten unter Abkommen mit den USA und der NATO in der Schwebe. Ghani hat zugesagt, bald zu unterzeichnen.
Karsai hatte seine Unterschrift verweigert. Ohne die Abkommen, die ausländischen Soldaten Immunität vor afghanischer Strafverfolgung zusichern, droht ein Abzug aller ausländischen Truppen.
Karsai hatte am Dienstag in einer Abschiedsrede die USA heftig kritisiert. Er warf Washington vor, nie ernsthaft daran interessiert gewesen zu sein, Afghanistan Frieden zu bringen. US-Botschafter James Cunningham nannte Karsais Äusserungen «rüde und undankbar».