Der neue Präsident des Weltverbandes FIFA heisst Gianni Infantino. Der Walliser wird am ausserordentlichen Kongress in Zürich im zweiten Durchgang zum Nachfolger von Sepp Blatter gewählt.
Infantino erhielt im zweiten Umgang 115 Stimmen und brachte damit die erforderliche einfache Mehrheit (104 bei 207 stimmberechtigten Mitgliedern) zustande. Sein bahrainischer Konkurrent Scheich Salman bin Ibrahim al-Khalifa, lange Zeit als Top-Favorit gehandelt, kam auf 88 Stimmen. Der jordanische Prinz Ali bin al-Hussein brachte es noch auf vier Stimmen, der Franzose Jérôme Champagne erhielt keine Voten mehr.
Erstmals seit 1974 war es wieder zu einem zweiten Wahlgang gekommen. Nach dem ersten Umgang waren Infantino und Scheich Salman nur durch drei Stimmen (88:85) getrennt. Kurz vor Beginn der Abstimmung war das Bewerberfeld auf vier Kandidaten geschrumpft. Der chancenlose Aussenseiter Tokyo Sexwale gab am Ende einer launigen Rede seinen Rückzug bekannt.
Das für ihn erlösende Ergebnis am ausserordentlichen Kongress im Zürcher Hallenstadion erhielt Infantino nach über vier Stunden Wahl-Prozedere kurz vor 18 Uhr. Als erstes Präsent bekam er einen weissen Blumenstrauss überreicht und klopfte sich als Geste der Dankbarkeit vor den Delegierten auf das Herz. Sichtlich gerührt brachte er nur ein «Uff» als erste Reaktion hervor.
Nach Annahme der Wahl zeigte sich der 45-jährige Rechtsanwalt in seiner Rede an die Kongress-Mitglieder emotional: «Ich kann meinen Gefühlen keinen Ausdruck verleihen. Ich sagte Ihnen, dass ich eine aussergewöhnliche Reise hinter mir habe. Ich habe viele fantastische Menschen getroffen, die Fussball jeden Tag atmen, die es verdienten, dass die FIFA Hochachtung geniesst. Alle sollten stolz sein darauf, was wir mit der FIFA machen. Es (seine Wahl) ist ein grosses Zeichen der Demokratie bei der FIFA.»
Infantino will «ein Präsident für alle Verbände sein, mit allen zusammenarbeiten». Der sprachgewandte Walliser redete davon, etwas Neues beginnen zu wollen. «Ich will eine neue Ära einläuten, in welcher der Fussball wieder ins Zentrum rückt. Es ist der Zeitpunkt da, zum Fussball zurückzukommen. Die Krise, die schwierige Zeiten, das ist vorbei, fertig. Wir setzen die Reformen um, wollen aber auch den Respekt, der uns geschuldet sein soll. Wir wollen daran arbeiten, uns aufs wunderbare Spiel zu konzentrieren.» Dann nahm Infantino im Hallenstadion die zahlreichen Gratulationen und Schulterklopfer entgegen – darunter auch von seinem unterlegenen und meistgehandelten Widersacher Scheich Salman.
Mit Infantino wurde zum achten Mal bei neun Abstimmungen in der 112-jährigen Geschichte der FIFA ein Europäer zum «höchsten Fussballer der Welt» gekürt. Die erste Amtszeit geht bis 2019, danach könnten nach der Annahme der Reformen maximal acht weitere Jahre dazukommen. Ein Schweizer soll also die FIFA aus ihrer gewaltigen Krise hinausführen, in die sie mit einem Schweizer (Sepp Blatter) an der Spitze gelangt ist. Er wird mit der Fraktion um Scheich Salman einen Konsens finden müssen. Er muss nach ertragreichen Jahren unter Blatter das drohende Minus in dreistelliger Millionenhöhe verkleinern und vor allem muss er einen Weg finden, wie die FIFA aus dem Fadenkreuz der Justiz-Ermittlungen verschwindet.