Die Glarner Landsgemeinde hat am Sonntag im Zeichen des öffentlichen Verkehrs gestanden. Die Stimmberechtigten bewilligten eine Beteiligung am Ausbau von SBB-Infrastrukturen, lehnten aber einen Busbahnhof in Glarus und eine kostenlose Standseilbahn nach Braunwald ab.
Die wichtigste politische Versammlung im Bergkanton auf dem Zaunplatz mitten in Glarus fand bei trockenem Wetter und einem Mix aus Sonne und Wolken statt. Als Ehrengäste anwesend waren Bundesrätin Simonetta Sommaruga und die Regierung des Kantons Wallis.
Insgesamt verabschiedeten die Glarnerinnen und Glarner in knapp vier Stunden zehn Sachgeschäfte. Am längsten zu diskutieren gab der Ausbau von Infrastrukturen des öffentlichen Verkehrs.
Schliesslich bewilligten die Glarnerinnen und Glarner nach einer Stunde und über einem Dutzend Voten eine 4,3 Millionen Franken schwere Beteiligung an Modernisierungsvorhaben der SBB, lehnten aber den Bau eines 2,5 Millionen Franken teuren neuen Busbahnhofs in Glarus ab.
Mehrere Gegner des Vorhabens hatten erfolgreich moniert, der Busbahnhof sei zu gross, unnötig komfortabel und blockiere zudem den vorgesehenen Platz für andere Nutzungen.
Keine Gratis-Seilbahn nach Braunwald
Ebenfalls lang diskutiert wurde die Forderung von fünf Braunwaldern, die Standseilbahn als einzige Verbindung in den Ferienort Einheimischen und Touristen kostenlos zur Verfügung zu stellen – analog einer Strasse. Sie sprachen von einer Gleichbehandlung von Braunwald im Vergleich mit anderen Gemeinden.
Die Gegner argumentierten, wie schon im Vorfeld Regierung und Parlament, dass eine kostenpflichtige Bahn keine Ungleichbehandlung der Braunwalder gegenüber Einwohnern über Strassen erreichbarer Dörfer darstelle. Zwar finanziere die öffentliche Hand die Strassen, nicht aber deren Nutzung mit Autos oder Bussen. Nach einer fast einstündigen Diskussion lehnten die Stimmberechtigten die Gratis-Bahn klar ab.
Ohne Diskussion bewilligten die Glarnerinnen und Glarner eine letzte finanzielle Unterstützung der drei Grossgemeinden im Nachgang zur grossen Gemeindestrukturreform im Jahr 2011, als 25 Gemeinden zu den heutigen drei fusionierten. Der gesprochene Betrag von sieben Millionen Franken soll gleichmässig verteilt werden. Hintergrund ist die schlechte Finanzlage der neuen Gross-Kommunen.
Regierungsrätin Dürst ins Obergericht gewählt
Zudem wurden auf dem Zaunplatz mehrere Wahlen durchgeführt. Eine Besonderheit stellte die Wahl eines neuen Mitgliedes des Obergerichtes dar. Um das Amt bewarb sich keine Geringere als Regierungsrätin Marianne Dürst.
Die Freisinnige war die erste Regierungsrätin und die erste Frau Landammann in der Glarner Geschichte. Nach 16 Jahren kandidierte sie heuer nicht mehr für eine weitere Amtszeit. In das Richteramt wurde sie klar und diskussionslos gewählt.
Weiter wählte die Landsgemeinde den 60-jährigen Baudirektor Robert Marti mit grossem Mehr in das Amt des Glarner Landammannes. Marti wird aufgrund seiner langen Amtsdauer schon zum dritten Mal Regierungschef. Er sitzt bereits seit 1997 in der Regierung.
«Gegenteil eines alten Zopfes»
Eröffnet worden war die 627. Glarner Landsgemeinde von Landammann Andrea Bettiga. Er pries die jährliche Versammlung der Glarner in seiner Eröffnungsrede als «faszinierende Option, die Stimme jedes Wahlberechtigten zu hören».
Die Menschen sagten an der Landsgemeinde tatsächlich, was sie dächten und zeigten offen, wofür sie stimmten, betonte Bettiga. Die seit über 600 Jahren zelebrierte Landsgemeinde sei das Gegenteil eines alten Zopfes.
Weiter würdigte der Landammann den letzten Oktober unerwartet verstorbenen Glarner FDP-Ständerat Pankraz Freitag und den wegen einer Krebserkrankung zurückgetretenen Glarner SVP-Ständerat This Jenny. Letzterer habe mit seiner geradlinigen Art breite Akzeptanz weit über die Parteigrenzen gefunden.