Der vergangene Winter brachte viel Schnee im Süden der Alpen und wenig im Norden – was Gletscher im Süden wachsen und im Norden schrumpfen liess. Insgesamt verloren die Schweizer Gletscher an Masse, wie eine Expertenkommission für Eis und Schnee am Mittwoch mitteilte.
Am Alpensüdhang fielen bis Ende Februar dieses Jahres doppelt bis dreimal so viel Niederschlag wie sonst, berichtet die Expertenkommission für Kryospärenmessnetze der Akademie für Naturwissenschaften (SCNAT). Auf 1500 Metern Höhe lagen im Tessin und Engadin beachtliche 2 bis 2,5 Meter Schnee.
An der Alpennordseite und im Mittelland hingegen war es wegen häufiger Föhnlagen mild und trocken. An einigen Orten im Mittelland gab es keinen einzigen Schneetag. Locarno hatte letzten Winter mehr als doppelt so viele Schneetage (7) wie Zürich (3). Im März und April schmolz warmes und trockenes Wetter überall den Schnee.
Der Juni war warm, doch Juli und August waren kühler und feuchter als gewöhnlich. Wiederholte Schneefälle oberhalb von 3000 Metern waren für die Gletscher ein Segen. Auf der Alpensüdseite blieben einzelne Schneereste wegen des kühlen und sonnenarmen Sommers auch unterhalb von 2000 Metern liegen.
Gletscher im Tessin wuchsen
Die Expertenkommission überwacht auf 15 Schweizer Gletschern jährlich die Massenbilanz, also die Differenz aus Schneezuwachs im Winter und Schnee- und Eisschmelze im Sommer. Dabei zeigten sich die Folgen der ungewöhnlichen Witterung in deutlichen Unterschieden zwischen Norden und Süden.
2014 legten die Gletscher im südlichen Wallis und Engadin (Findelengletscher, Vadret dal Murtel) im Mittel um 10 bis 50 Zentimeter über die gesamte Gletscherfläche an Dicke zu. Gletscher am nördlichen Alpenhauptkamm verloren hingegen moderate 40 bis 90 Zentimeter. Im Nordosten der Schweizer Alpen (Silvrettagletscher, Pizolgletscher) gab es jedoch Dickenverluste von über einem Meter.
Alles in allem verloren die Gletscher insgesamt trotz eigentlich günstiger Wetterbedingungen an Masse. Auf sämtliche Gletscher der Schweiz übertragen ergibt sich ein Massenverlust von etwa 300 Millionen Kubikmetern – das ist etwa das Volumen des Hallwilersees – oder 0,6 Prozent des geschätzten Gesamtvolumens an Gletschereis.
Eine ähnlich geringe Gletscherschmelze gab es seit 2002 nur im Jahr 2013. Zwei mässig negative Jahre hintereinander bedeuteten allerdings noch keine Trendumkehr, betonten die Experten. Die Massenverluste seien auch dieses Jahr beträchtlich gewesen.
Die Expertenkomission für Kryosphärenmessnetze (EKK) wurde 1893 unter dem Namen Gletscherkommission gegründet. Sie ist heute im Bereich der Geowissenschaften der SCNAT integriert. Sie beobachtet Veränderungen von Eis und Schnee in den Alpen (der Kryosphäre) und betreut die dazu eingerichteten nationalen Messnetze.