Die Gletscher in Zentralasien verlieren laut einer neuen Studie in erheblichem Ausmass an Masse und Fläche. Bis in die 2050er Jahre könnte die Hälfte der Gletscher verschwunden sein. Der Region droht Wassermangel.
Der Tien Shan, die grösste Gebirgskette Zentralasiens, versorgt Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan und Teile Chinas von mit Wasser. Weil dort je nach Saison gar keine Niederschläge fallen, ist die Abhängigkeit vom Gletscherwasser enorm gross, teilten die Forschungsanstalt WSL und das Deutsche Geoforschungsfentrum GFZ am Montag mit.
Das internationale Forscherteam unter Leitung von Daniel Farinotti von der WSL und vom GFZ hat nun erstmals die Gletscherentwicklung im Tien Shan umfassend rekonstruiert. «Dazu kombinierten wir satellitengestützte Messungen mit glaziologischer Modellierung», liess sich Farinotti zitieren. «Wir konnten die Entwicklung jedes einzelnen Gletschers im Tien Shan nachvollziehen.»
Ein Drittel Volumen verloren
Die Gletscher verlieren jährlich etwa 5 Gigatonnen Eis, eine Wassermenge, die ungefähr dem sechsfachen Jahreswasserverbrauch der Schweiz entspricht, berichten die Wissenschaftler im Fachjournal «Nature Geoscience». Das Volumen der Eismassen hat sich in den letzten 50 Jahren um über ein Viertel verringert, die Fläche der Gletscher um fast 3000 Quadratkilometer.
Der Gletscherschwund beschleunigte sich zwischen den 1970er und 1980er Jahren um das Dreifache. Die Studie zeigt auf, dass die wichtigste Ursache dafür der Anstieg der Temperatur ist, insbesondere der Sommertemperatur. Gletscher können Wasser über Jahrzehnte speichern und den Winterniederschlag im Sommer als Schmelzwasser freigeben.
Für Zentralasien sei dies bedeutsam, betonen die Forscher, denn die Wintermonate sind sehr trocken und die Berge sehr hoch. Somit erhalten die Gletscher den meisten Schneefall während des Sommers. Ein Anstieg der Temperatur verstärke die Schmelze und reduziere gleichzeitig die «Gletscher-Ernährung», sagte Farinotti. «Beides unterstützt den Gletscherschwund.»