Unter dem Motto «Eine andere Welt ist möglich» ist in der tunesischen Hauptstadt Tunis am Dienstag das elfte Weltsozialforum eröffnet worden. Die Veranstaltung suchte sich damit erstmals ein arabisches Land aus.
Bei der Gegenveranstaltung zum alljährlichen Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos diskutieren bis Freitag Gewerkschafter, Globalisierungsgegner und andere Aktivisten über Alternativen zur kapitalistischen Weltordnung. Erstes Thema: Die Rolle der Frau zwischen Islamisten und neuem Bürgertum.
Die Organisatoren erwarteten zu zahlreichen Workshops und Konferenzen rund 30’000 Teilnehmer. Das Weltsozialforum 2013 ist das erste in einem arabischen Land. Premiere war 2001 im brasilianischen Porto Alegre.
Gespaltene Gesellschaft
Das Forum ist für die Veranstalter auch eine Botschaft der Solidarität an Völker, die als Preis für mehr Freiheit politische und wirtschaftliche Unsicherheit ertragen müssen. Zwei Jahre nach der Vertreibung arabischer Diktatoren leiden Staaten wie Tunesien und Ägypten weiter unter Unruhen und Spannungen zwischen islamischen Konservativen und westlich-säkular geprägtem Bürgertum.
Zum Auftakt befasste sich das Forum mit der Situation der Frauen vor allem in Ländern des Arabischen Frühlings. In Tunesien geniessen Frauen offiziell dieselben Rechte wie Männer. Ein Vorstoss der regierenden Islamisten-Partei Ennahda, wonach Frauen in der neuen Verfassung als «ergänzend» zu Männern definiert worden wären, wurde rasch zurückgewiesen.
Dennoch gibt es zwei Jahre nach Beginn der Revolution wachsendes Unbehagen bei Frauengruppen angesichts eines erstarkenden Selbstbewusstseins islamisch-fundamentalistischer Salafisten.
Marsch gegen Fundamentalismus
Am Dienstag hatten die Frauen Globalisierungskritiker und Gewerkschafter an ihrer Seite. Ein Marsch durch die Hauptstadt Tunis sollte dies unterstreichen. Das Weltsozialforum warnte in einer Stellungnahme vor «allen Formen von Fundamentalismus», der Kontrolle über Frauen übernehmen wolle.
Die wachsende Kluft zwischen Säkularen und religiösen Konservativen fand in Tunesien einen vorläufigen Höhepunkt nach der Ermordung des Oppositionspolitikers Chokri Belaïd. Die anschliessenden Unruhen mündeten in eine Regierungskrise und ein neues Kabinett.
«Wir haben eine Vision der Gesellschaft, für die wir kämpfen», sagte Belaïds Witwe Basma Khalfaoui der Nachrichtenagentur dpa in Tunis. «Wir müssen uns entscheiden zwischen einer fortschrittlichen Gesellschaft auf freiheitlicher Basis oder einem rückschrittlichen Projekt, einer – wie ich es nennen würde – dunklen Vision für eine Gesellschaft, in der alles verboten ist.»