Beim Beschuss einer Molkerei sind im Westen des Jemen nach amtlichen Angaben mindestens 37 Zivilisten getötet worden. Etwa 80 weitere Menschen wurden bei dem Angriff in der Nacht verletzt, wie der Gouverneur der betroffenen Provinz Hodeida, Hassan al-Hai, mitteilte.
Die Kampfflugzeuge der arabischen Koalition hätten nahe gelegene Stellungen der schiitischen Huthi-Miliz angegriffen und dabei die Molkerei getroffen, berichteten Augenzeugen. Der von Saudi-Arabien finanzierte Sender Al-Arabija meldete, die Huthis hätten die Molkerei mit Granaten beschossen, um die Luftangriffe auf ihre Stellungen zu vergelten.
Augenzeugen berichteten zudem, die Molkerei befinde sich in der Nähe eines Armeestützpunkts, in dem sich Verbündete des früheren Präsidenten Ali Abdullah Saleh aufhielten. Die Berichte liessen sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen.
Bei den Getöteten handelt es sich dem Gouverneur zufolge um Beschäftigte der Molkerei. Der Bereitschaftsarzt des Spitals, das die Opfer aufnahm, sagte, durch den Beschuss sei ein Gasbehälter explodiert. Ein Teil der Fabrik wurde demnach zerstört, Rettungstrupps suchten unter den Trümmern nach möglichen weiteren Opfern.
Luftschläge intensiviert
Der Beschuss fiel zusammen mit einer Intensivierung der seit knapp einer Woche andauernden Luftangriffe der Militärkoalition, unter anderem in der südlichen Hafenstadt Aden. Dort beschossen Luftwaffe und Marine mutmassliche Stellungen der Huthi-Rebellen.
Ein jemenitischer Offizier sagte, zu den Hauptzielen zähle ein von Rebellen gehaltener Gebäudekomplex im Norden von Aden. Unter den Huthi-Milizionären gebe es zahlreiche Tote und Verletzte.
Die Luftwaffe der Militärkoalition griff in der Nacht in der Umgebung der Hauptstadt Sanaa und in der zentralen Region Ibb auch Lager der Republikanischen Garde an, die dem ehemaligen Präsidenten Saleh die Treue hält. Weitere Ziele waren mutmassliche Huthi-Stellungen in den nördlichen Provinzen Hadscha und Saada. Nach Angaben von Spitälern wurden bei einem Luftangriff auf den Hafen Maydi in Hadscha sechs Zivilisten getötet.
Mindestens 62 Kinder getötet
Die UNO beklagte die sich verschlechternde Gesundheitsversorgung durch die immer intensiver werdenden Kämpfe im Jemen. Nach Angaben des UNO-Kinderhilfswerks UNICEF wurden in der vergangenen Woche mindestens 62 Kinder getötet und 30 weitere verletzt.
In Aden, der zweitgrössten Stadt des Landes und bis 1990 Hauptstadt des sozialistischen jemenitischen Teilstaates im Süden, kommt es immer wieder zu Ausfällen bei der Strom-und Wasserversorgung. Nahrungsmittel werden zusehends knapper.
Die UNO hatte zuvor die Zahl der seit Freitag getöteten Zivilisten mit mehr als 90, die der Verletzten mit mehr als 360 angegeben. Der UNO-Menschenrechtskommissar Seid Ra’ad al-Hussein warnte, der Jemen stehe «am Rande eines vollständigen Zusammenbruchs».
Indien evakuiert seine Staatsbürger
Wegen der Kämpfe bringen immer mehr Staaten ihre Bürger ausser Landes. Nach Angaben des indischen Aussenministeriums holte ein Küstenwachboot der indischen Marine rund 350 Landsleute am Dienstagabend aus Aden ab. Sie sollen nach Dschibuti gebracht werden. In den vergangenen Tagen hatte unter anderem China Landsleute evakuiert.
Saudi-Arabien und mehrere weitere arabische Staaten, darunter Ägypten, hatten die Militäroffensive am vergangenen Donnerstag gestartet. Die Rebellen hatten im September die Hauptstadt Sanaa unter ihre Kontrolle gebracht und rückten dann weiter nach Süden vor. Saudi-Arabiens sunnitisches Königshaus unterstützt den nach Riad geflohenen Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi und wirft dem schiitischen Iran und Saleh vor, die Rebellen zu unterstützen.