Das griechische Parlament hat ein rund 200 Millionen Euro teures Hilfsprogramm für die notleidende Bevölkerung gebilligt. Regierungschef Alexis Tsipras setzte damit eines seiner wichtigsten Wahlversprechen um, zum Ärger der Gläubiger-Kontrolleure.
Vorgesehen sind Gratis-Stromlieferungen im Umfang von je bis zu 300 Kilowattstunden für Haushalte, die ihre Stromrechungen nicht begleichen können. Zudem sollen Wohngeldzuschüsse für bis zu 30’000 Haushalte und die Ausgabe von Essensmarken an 300’000 Menschen die Armut in dem Krisenland lindern.
«Wir unterstützen die Schwachen», erklärte Tsipras am Mittwoch. Heftige Kritik übte er an den Kontrolleuren der Geldgeber. «Wer ist derjenige, der die Frechheit besitzt, ein Papier zu schicken, in dem es heisst, Tausende Menschen in Griechenland müssen frieren», sagte er unter grossem Beifall im Parlament.
In einem zuvor an die Medien durchgesickerten Brief hatte eines der Mitglieder der früher Troika genannten Kontrolleure den griechischen Alleingang kritisiert. Was die Regierung in Athen mache, sei mit ihnen nicht vereinbart und stehe nicht im Einklang mit den Vereinbarungen.
EU-Währungskommissar Pierre Moscovici erklärte, die EU-Kommission widersetze sich keineswegs den Hilfen. «Wir unterstützen voll und ganz das Ziel, den Schwächsten in der griechischen Gesellschaft zu helfen», sagte Moscovici in Brüssel. Die Vereinbarungen mit Athen setzten aber voraus, dass es dazu Gespräche gebe.
«Zeit wird knapp»
In einem Interview mit der deutschen Tageszeitung «Die Welt» schloss Moscovici einen griechischen Euro-Austritt nicht grundsätzlich aus. «Wir werden Griechenland nicht zu jedem Preis in der Euro-Zone halten, sondern zu strikten Bedingungen, die für beide Seiten akzeptabel sind», sagte Moscovici.
Tsipras kündigte an, er werde bei dem am Donnerstag beginnenden EU-Gipfel die Situation in Griechenland nochmal präsentieren und für eine politische Lösung werben. Es könne nicht sein, dass Experten gewählten Politikern sagten, wie sie zu handeln hätten. «Ab jetzt werden Politiker mit Politikern und Technokraten mit Technokraten sprechen», sagte Tsipras.
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble äusserte sich skeptisch. Wenn man das «Trauerspiel» bei der Zusammenarbeit mit den drei Institutionen EU, EZB und IWF in Athen betrachte, werde es schwieriger, zu Lösungen zu kommen. Daran würden auch alle möglichen Spitzentreffen nichts ändern. «Die Zeit für Griechenland wird knapp», sagte Schäuble am Mittwoch in Berlin.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker rief im Schuldenstreit mit Griechenland alle Seiten zur Mässigung auf. Er sei sehr beunruhigt über die Situation und nicht zufrieden mit den Fortschritten der vergangenen Tage, sagte Juncker am Mittwoch nach einem Treffen mit dem französischen Regierungschef Manuel Valls in Brüssel.