Rund 140’000 Menschen sind in Moskau bei der traditionellen 1.-Mai-Parade der Gewerkschaften über den Roten Platz marschiert. In Deutschland nahmen rund 400’000 Personen an rund 470 Kundgebungen teil.
In Moskau zogen die Demonstranten angeführt von Stadtpräsident Sergej Sobjanin mit der Forderung «Faire Löhne für anständige Arbeit» bei regnerischem Wetter durch das Zentrum. Viele Teilnehmer schwenkten russische Flaggen sowie Luftballons in den Landesfarben weiss, blau und rot. Zu sehen waren auch Flaggen der Sowjetunion.
Wegen einer schweren Krise treffen eine hohe Inflation sowie Gehaltskürzungen und Entlassungen viele Russen. Regierungskritische Protestbanner waren am Freitag aber nicht zugelassen – zu sehen waren fast nur Fahnen der Regierungspartei Geeintes Russland.
Präsident Wladimir Putin zeichnete bei einer Zeremonie im Kreml fünf Bürger als «Helden der Arbeit» aus. Er hatte den auch in der einstigen DDR bekannten Ehrentitel erst 2013 nach mehr als 20 Jahren wieder eingeführt. «Russland zeigt 70 Jahre nach dem gewonnenen Krieg, dass es weiter jeder Herausforderung gewachsen ist», sagte Putin mit Blick auf die westlichen Sanktionen in der Ukraine-Krise.
Auch in anderen Städten wie St. Petersburg und Wladiwostok gingen Zehntausende auf die Strasse. Auf der von Russland einverleibten Schwarzmeer-Halbinsel Krim beteiligten sich unter einem grossem Sicherheitsaufgebot mehr als 70’000 Menschen an Demonstrationen.
Gerangel in Kiew
In der ukrainischen Hauptstadt Kiew wurden bei Zusammenstössen zwischen Nationalisten und Anhängern der Kommunistischen Partei mindestens 19 Menschen festgenommen. Die Rechtsradikalen hätten versucht, die etwa 1000 KP-Demonstranten anzugreifen, teilte die Polizei mit. Verletzt wurde niemand.
Ebenfalls in Kiew attackierten Nationalisten eine Demonstration von etwa 150 Linksanhängern. Rund 6500 Polizisten waren in der Metropole im Einsatz. Die Verwaltung hatte einige Kundgebungen aus Sicherheitsgründen untersagt.
Krawalle in Istanbul
In Istanbul wurden bei Zusammenstössen zwischen Demonstranten und der Polizei bei 1.-Mai-Protesten nach offiziellen Angaben mindestens 24 Menschen verletzt. Bei ihnen handle es sich um 18 Demonstranten und 6 Polizisten, sagte Istanbuls Gouverneur Vasip Sahin. 203 Menschen seien festgenommen worden.
Nach Angaben der Polizei wurden am Freitag mehr als 20’000 Polizisten in der Millionenmetropole eingesetzt. Tausende von ihnen riegelten den zentralen Taksim-Platz gegen Demonstranten ab.
Rechtsextreme stören Kundgebung in Weimar
In Berlin forderte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Reiner Hoffmann, zum Tag der Arbeit eindringlich die Einhaltung des Mindestlohns in allen Branchen. «Wir werden eine Aushöhlung des Mindestlohns nicht zulassen», sagte er auf der zentralen Mai-Kundgebung des DGB.
Hoffmann sprach vor mehreren tausend Menschen vor dem Brandenburger Tor. Nach Gewerkschaftsangaben nahmen rund 400’000 Menschen an bundesweit mehr als 470 Kundgebungen teil.
In Weimar störten nach Polizeiangaben etwa 50 Rechtsextreme die DGB-Kundgebung auf dem Marktplatz. Sie entrissen den Rednern die Mikrofone, brüllten rechte Parolen und rempelten mehrere Zuhörer an. Die Polizei sprach von vier Verletzten und 29 vorläufigen Festnahmen.
Feuerlöscher gegen Demonstranten in Seoul
In Südkorea demonstrierten zehntausende Arbeiter am Maifeiertag gegen die Arbeitsmarktpolitik der Regierung. Dabei kam es in der Hauptstadt Seoul zu Zusammenstössen mit der Polizei. Polizisten stellten sich Protestteilnehmern in den Weg, die zum Präsidentenpalast marschieren wollten.
Die Polizei setzte auch Feuerlöscher ein, um die Demonstranten auseinanderzutreiben. Die Proteste richteten sich vor allem gegen die Pläne der Regierung, das Pensionssystem für öffentliche Bedienstete zu reformieren und den Arbeitsmarkt stärker zu flexibilisieren.
Die Proteste zum 1. Mai hatten vor mehr als 125 Jahren begonnen. 1886 gingen Tausende Arbeiter in Chicago in den USA auf die Strasse und streikten für einen Acht-Stunden-Arbeitstag. 1890 fand der erste «Weltfeiertag der Arbeit» statt. Seither gehen die Menschen an diesem Tag für bessere Arbeitsbedingungen auf die Strasse.