In der Nacht auf Sonntag beginnt in Edmonton (Ka) die 7. WM-Endrunde der Frauen. Seit der Premiere 1991 in China hat sich nicht nur die Teilnehmerzahl vergrössert. Die Schweiz ist erstmals dabei.
Um der weltweit rasanten Entwicklung des Frauenfussballs Rechnung zu tragen, hat die FIFA entschieden, das Teilnehmerfeld für die WM in Kanada von 16 auf 24 Teams aufzustocken. Gespielt wird in den sechs Spielorten Edmonton, Moncton, Montreal, Ottawa, Winnipeg und Vancouver, wo am 5. Juli das Final stattfindet. Fernsehstationen aus aller Welt werden die Ereignisse in Übersee begleiten. ARD und ZDF übertragen sämtliche 52 Partien. Auch das Schweizer Fernsehen (SRF) ist bei 18 Spielen live dabei und zeigt alle Schweizer Spiele. Aufgrund der Zeitverschiebung von bis zu neun Stunden beginnen die Spiele für die Fernsehzuschauer in der Schweiz jedoch erst spät am Abend oder nach Mitternacht.
Das internationale Niveau im Frauenfussball ist in den letzten Jahren gestiegen. Während sich der Favoritenkreis früher auf drei bis vier Teams beschränkte, trauen Experten heuer mindestens acht Teams den grossen Coup zu. Heisser Anwärter auf WM-Gold ist Deutschland, das gegen die Schweiz vor Wochenfrist die WM-Hauptprobe 3:1 gewann. Ein Jahr nach dem Triumph der deutschen Männer in Brasilien wollen es die Frauen ihren männlichen Berufskollegen gleich tun und nach 2003 und 2007 den insgesamt dritten WM-Titel einfahren.
Neben Deutschland zählen auch die USA – ebenfalls zweifacher Weltmeister – zu den grossen Favoriten. Die Amerikanerinnen haben bei ihren sechs WM-Teilnahmen immer mindestens die Halbfinals erreicht. Als Titelverteidiger tritt Japan an, das die USA in Frankfurt vor vier Jahren im Endspiel mit 3:1 im Penaltyschiessen besiegte. Weitere Kandidaten für den WM-Thron sind Gastgeber Kanada, Brasilien und die europäischen Teams Schweden, Frankreich und Norwegen (Weltmeister 1995). Grosser Abwesender ist der Weltranglisten-Achte Nordkorea, der wegen positiver Dopingproben bei der Endrunde 2011 von der Teilnahme ausgeschlossen wurde.
Viel zu reden gab im Vorfeld des Turniers der Entscheid der FIFA, die Titelkämpfe aufgrund der problematischen klimatischen Bedingungen erstmals auf Kunstrasen auszutragen. Zahlreiche Top-Spielerinnen aus verschiedenen Nationen haben deswegen bei einem Gericht in Toronto Klage eingereicht. Der Untergrund fördere die Verletzungsgefahr und sei zudem «zweitklassig, diskriminierend und illegal», hiess es in der Anklageschrift. Anfang Jahr zogen die Spielerinnen ihre Klage ohne konkrete Begründung zurück.
Die Zweifel sind dennoch geblieben, allerdings nicht bei den Schweizerinnen, von denen sich keine Akteurin öffentlich gegen die künstliche Unterlage aufgelehnt hat. Ihre WM-Vorbereitung hat das Team von Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg in Magglingen komplett auf Kunstrasen absolviert. Klar ist, dass die körperliche Belastung der Spielerinnen wegen der künstlichen Unterlage steigt. Dies hat man auch beim Testspiel gegen Deutschland gesehen, als bei den Schweizerinnen in der letzten halben Stunde die Kräfte nachgelassen haben.
Bei ihrer WM-Premiere trifft die Schweiz in der Gruppe C am 8. Juni (4.00 Uhr Schweizer Zeit/in der Nacht auf Dienstag) in Vancouver auf Titelverteidiger Japan. Weitere Vorrundengegner sind am 12. Juni Ecuador in Vancouver sowie am 16. Juni Kamerun in Edmonton. Sowohl die Südamerikanerinnen als auch die Afrikanerinnen sind in der Weltrangliste hinter der Schweiz klassiert und ebenfalls WM-Neulinge. Das Minimalziel der Schweizerinnen ist deshalb die Qualifikation für die Achtelfinals. «Alles andere wäre eine Enttäuschung», sagte die Trainerin Voss-Tecklenburg.