Grüne fordern Verdichtung gegen «Dichtestress»

Im Kampf gegen die Zersiedelung fordern die Grünen verdichtetes Bauen: Die bereits bebauten Flächen sollen besser genutzt werden. Zu «Dichtestress» führt Verdichtung aus Sicht der Grünen nicht zwingend. Der Bund setze heute aber die falschen Anreize.

Guy Morin, Regierungspräsident des Kantons Basel-Stadt, und Tinetta Maystre, Stadträtin von Renens (VD), präsentieren Beispiele gelungener Wohnbauprojekte. (Bild: sda)

Im Kampf gegen die Zersiedelung fordern die Grünen verdichtetes Bauen: Die bereits bebauten Flächen sollen besser genutzt werden. Zu «Dichtestress» führt Verdichtung aus Sicht der Grünen nicht zwingend. Der Bund setze heute aber die falschen Anreize.

«In grünen Städten bedeutet Verdichtung nicht Stress», sagte Adèle Thorens, Co-Präsidentin der Grünen, am Dienstag vor den Medien in Bern. Es sei die Fehlentwicklung, die zu Stress führe, nicht die Dichte.

Dass es in der Raumplanung ein Umdenken braucht, steht für die Grünen ausser Zweifel. Sie verweisen dabei auch auf den Willen des Stimmvolkes. Mit dem Ja zum revidierten Raumplanungsgesetz und zur Zweitwohnungsinitiative habe das Volk eine «Raumplanungswende» beschlossen.

Die Umsetzung fällt jedoch ganz und gar nicht nach Vorstellung der Grünen aus. Der Bundesrat missachte den Volkswillen, sagte Thorens. Dies sei ein Spiel mit dem Feuer, denn mangels überzeugender Lösungen entscheide sich ein Teil der Bevölkerung für die Abschottung.

Thorens sagte dies wohl nicht nur mit Blick auf die angenommene Masseneinwanderungsinitiative, sondern auch auf die noch bevorstehende Abstimmung über die Ecopop-Initiative, welche die Grünen bekämpfen.

Mangelnde Anreize

Unzufrieden sind die Grünen insbesondere mit der Raumplanungsverordnung, die zusammen mit dem revidierten Gesetz am 1. Mai in Kraft tritt. Zur Bestimmung der Baulandreserven geht die Verordnung von einem Szenario mit 11 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern aus, was den Gemeinden ermöglicht, die Bauzonen zu vergrössern.

Damit würden keinerlei Anreize für die Verdichtung des bestehenden Wohnraumes geschaffen, monieren die Grünen. Vor der Schaffung neuer Bauzonen müssten die existierenden besser genutzt werden.

Auch bei der Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative, die vor der parlamentarischen Beratung steht, sind die Grünen mit der Stossrichtung unzufrieden: Der Bundesrat schenke sein Gehör primär der Baulobby und nicht der Bevölkerung.

Referendum angedroht

Beschliesst das Parlament keine striktere Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative, wollen die Grünen das Referendum ergreifen. Angekündigt haben sie am Dienstag ausserdem parlamentarische Vorstösse zur Raumplanung.

So wollen sie mit einer Motion fordern, dass die Gemeinden das Verdichtungspotenzial ausschöpfen müssen, bevor sie neue Bauzonen schaffen dürfen. Eine weitere Motion verlangt, dass der Bund Fördermittel für Grünflächen bereitstellt, zum Beispiel im Agglomerationsprogramm.

Grüne Mustersiedlungen

Damit verdichtete Siedlungen attraktiv sind, braucht es aus Sicht der Grünen nämlich Grünflächen. Weiter sollten die Gemeinden für eine gute Mischung von Wohnraum und Gewerbe sorgen und den Verkehr beruhigen. Beispiele gelungener Projekte präsentierten Guy Morin, der Regierungspräsident des Kantons Basel-Stadt, und Tinetta Maystre, Stadträtin von Renens VD.

Gemeinsam mit Investoren und Eigentümern sei vieles möglich, sagte Morin. Es gelte, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. In Basel sei es heute beispielsweise nicht mehr zwingend, bei Wohnbauten Parkplätze zu erstellen. Ausserdem sei das Gesetz gegen den Abbruch von Liegenschaften gelockert werden.

Anlass für die Medienkonferenz der Grünen war der internationale Earth Day, der am 22. April begangen wird und dieses Jahr «Grüne Städte» zum Thema hat. Rund drei Viertel der Schweizerinnen und Schweizer lebten in Städten, gab Thorens zu bedenken. Die gängige Vorstellung von der ländlichen Schweiz entspreche nicht der Realität.

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