«Reparieren, statt investieren!» – dieses Prinzip wollen die Grünen auch in der IT-Technologie fördern. Die breite Entwicklung geht eher in die Gegenrichtung.
Jeder und jede kennt das: Das Handy, das Smartphone oder das Notebook funktioniert zwar noch bestens. Doch der Akku wird immer schwächer. Wenige Jahre ist es her, da konnte man für einen vernünftigen Preis noch einen neuen Akku kaufen. Dann wurden diese wichtigen Teile rasch auf ein Vielfaches ganzer neuer Geräte verteuert. Und jetzt sind sie meist gar nicht mehr einzeln erhältlich: Leert sich der Stromtank beim Smartphone immer schneller, muss man bald den ganzen Apparat wegwerfen und einen neuen beschaffen.
Das nützt den weltweit organisierten Herstellern solcher Produkte und ihren Investoren. Es ist jedoch fatal für die Umwelt, wie die Grünen in Bern jetzt dargelegt haben: Vor zehn Jahren fielen allein in der Schweiz jährlich noch 35’000 Tonnen «verarbeiteter Elektroschrott» an. Letztes Jahr waren es schon 130’000 Tonnen. Gründ für diese Zunahme mitunter: inkompatible Software, nicht mehr einfach zerlegbare Geräte und teure Reparaturen.
Faire Computer
Die Folgen davon: Es werden immer mehr endliche Rohstoffe verschwendet. Darunter auch seltene und kostbare Materialien, wie Indium oder Néodyme. Diese würden jetzt schon dramatisch knapp, warnt der frühere grüne Waadtländer Regierungsrat François Marthaler, der jetzt die Produktions- und Reparaturfirma «Why! Open Computing» für nachhaltige IT-Geräte führt. Beim Abbau solcher Rohstoffe herrschten zudem oft erschreckend menschenunwürdige Zustände wie Kinderausbeutung und Sklaverei. Nicht zuletzt darum seien neu importierte Geräte meist viel billiger als hierzulande reparierte, betonten die Grünen.
Das ist umso unsinniger, als die Herstellung etwa eines Computers fünf mal mehr Energie verbraucht, als dieser während seiner ganzen Lebenszeit benötigt. Man rechnet mit 900 Tonnen fossiler Energie und 1500 Litern Wasser, bis ein Notebook hergestellt ist. Und durchschnittlich wird dieses kostbare Gerät dann nur etwa drei bis vier Jahre lang genutzt.
Dem wollen die Grünen unter dem Titel «Green IT» politisch entgegenwirken. Und ihr Mitglied François Marthaler setzt dieses Anliegen um – ganz konkret und technisch: Der frühere Regierungsmann hat mit seiner Firma einen nachhaltigen Computer der Marke «Why!» entwickelt, der modular aufgebaut ist, und darum immer wieder nachgerüstet werden kann – bis zu 20 Jahren Betriebszeit. Unter der Marke «Fairphone» ist zudem ein umwelt- und menschenwürdig produziertes Händi auf dem Markt.
Marthaler, der vor Jahren schon die erfolgreiche Reparaturfirma «La Bonne Combine» lanciert hatte, betont indes, dass auch immer mehr IT-Geräte der Massenproduktion von Mediamarkt oder Migros für findige Leute reparierbar seien. Er verweist auf die Ratgeberplattform ifixit. Da sind Informationen über Ersatzteile, Anleitungen und Adressen zuhauf gespeichert.
Bessere Rahmenbedingungen für «Green IT»
Politisch drängen die Grünen derweil den Bundesrat mit gezielten Vorstössen die Rahmenbedingungen für nachhaltige IT-Wirtschaft in der Schweiz entscheidend zu verbessern:
• So soll etwa die Garantieleistung auf neuen Geräten künftig nicht nur die Händler in die Pflicht nehmen, sondern auch die Hersteller – und mit umgekehrter Beweislast bei Schäden.
• Vorab öffentliche Beschaffer sollen elektronische Geräte aus menschenverachtender und umweltschädigender Produktion nicht mehr evaluieren. Das fällt ins Gewicht. Schon nur die SBB wollen jetzt 20’000 Smartphones und Tablets für ihre Angstellten beschaffen.
• Mit positiven Labels und Deklarationspflichten sollen die Normalverbraucher unverblümt und ehrlich über die Herstellungsbedingungen neuer IT-Produkte informiert werden.
• Mit Branchenvereinbarungen soll die Landesregierung den Import umwelt- und menschenwürdiger Computer und Mobiltelefone favorisieren, die auch repariert werden können. Und umgekehrt kurzlebige, energiefressende und kaum reparierbare Gerätschaften penalisieren.
Verschleisswirtschaft herrscht weiter vor
So könnten in der Schweiz vermehrt interessante Arbeitsplätze mit hoher Wertschöpfung geschaffen werden, argumentieren die grünen Motionäre. Der «Trend» jedoch läuft diesen Bestrebungen entgegen: Wegwerfprodukte, die im Ausland billig hergestellt und von schlecht informierten Konsumenten hierzulande günstig gekauft werden, beherrschen den Markt. Investitionen fliessen weiterhin eher in profitable, weltweite Grossfirmen, als zu kleineren Unternehmen im Inland. Jene Freihandelsabkommen, wie sie der Bundesrat schon abgeschlossen hat, oder noch plant, passen erst recht nicht zu «Green IT».